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Schiller online

14.01.2005. "Nur das Alter ist jung, ach! und die Jugend ist alt." Zu Beginn des Schiller-Jahrs 2005 hat das Marbach-Archiv eine neue Schiller-Seite online gestellt. Der Perlentaucher hat die Website ein wenig durchstöbert.
Ein ernst und etwas müde dreinblickender Schiller im Halbprofil, die Augen von dunklen Rändern umschattet - so empfängt uns das Schiller-Logo auf der neuen Schiller-Website des Marbach Archivs. Diese wiederum möchte den Leser anregen, sein Verhältnis zum deutschen "Freiheitsdichter" zu überdenken. Denn das Schillerjahr 2005 stehe unter ganz anderen Vorzeichen als die vorangegangenen Schillerjahre, erklärt Martin Schalhorn, der Kurator der Schillerausstellung in Marbach und Weimar in seinem Geleitwort.

Wo einst Verehrung oder gar Kult war, gebe es nur noch "kleine, handliche Klischees" über Schiller, findet Schalhorn und sieht eine allgemeine Geringschätzung von Schillers Dichtung. Es sei deshalb jetzt eine gute Gelegenheit, das "ehemals angestaunte Monument" neu zu entdecken, und zwar als faszinierenden Menschen und Denker. Schalhorns möchte durch die vielen künstlerischen Beiträge im laufenden Jahr den "Kreis der Fragenden" für jedermann öffnen.

Deshalb ist die Seite auch ein bisschen so etwas wie ein Schillerkalender für das kommende Jahr. Man kann in der Suchleiste ganz gezielt nach einem Vortrag, Theaterstück o.ä. in einer bestimmten Region oder Stadt suchen. Oder man benutzt die interaktive Karte, auf der man das gewünschte Bundesland anklicken und sich über dort stattfindende Veranstaltungen informieren kann. Beim Klick auf das Saarland, Schleswig-Holstein oder Brandenburg, gibt es zur Zeit leider keine Treffer. Führend mit den meisten Veranstaltungen, stolzen 97 an der Zahl, ist Thüringen, gefolgt von Baden-Württemberg mit 71 Veranstaltungen. Wer eine eigene Theateraufführung oder ähnliches plant, kann dies auf der Seite mitteilen.

Natürlich gibt es auch die wichtigsten Fakten über den Dichter auf der insgesamt sehr übersichtlichen und klaren Seite: Lebenslauf und Materialien zum Werk finden sich hier, aber auch Kurioses aus seinem Privatleben: In der "Galerie" zum Beispiel dürfen wir Schillers Tabakdose bestaunen, die er nach Aussage von Zeitgenossen in jeder Lebenslage bei sich trug. Seine Studentenbude, ein "nach Tabak stinkendes Loch", gibt es leider nicht zu sehen. Dafür lesen wir, dass Schiller, nach Aussage eines Zeitgenossen, während eines Beischlafs, "wobey er brauste und stampfte, nicht weniger als 25 Prisen in die Nase nahm". Brausen und Stampfen mag man sich bei einem "Stürmer und Dränger" noch vorstellen. Wirklich irritierend ist erst der Zusatz, "mehrere seiner Bekannten" seien Augenzeugen dieses Spektakels gewesen.

Alles Weitere kommt durchaus ernst daher, selbst der angekündigte Schiller-Comic, der im Mai herauskommen soll. Unter der Rubrik "Hauptwerke" gibt es Schillers wichtigste Werke, von "Die Räuber" bis zu "Wilhelm Tell", online zum Nachlesen. Man wird dafür zum "Projekt Gutenberg" bei Spiegel Online weitergeleitet, wo auch eine Printversion vorhanden ist. Schillers Gedichte gibt es hier ebenfalls. Wir empfehlen zum Einstieg das Gedicht "Jetzige Generation".

Schlaumeier oder verzweifelte Hochzeitsredenschreiber werden zu "Wikiquote" geleitet, wo sie Zitierfähiges von Schiller finden. Leider ist die Auswahl nicht allzu groß, und die beste Zitatesammlung (mit zum Teil allerdings etwas langatmigen Zitaten) bietet die Schillerseite selbst. Neben einer Linksammlung mit den wichtigsten Adressen für alle Schillerfreunde gibt es auch noch zwei Interviews: Eins mit dem Schiller-Biografen Rüdiger Safranski und eins mit Siegrid Damm, ebenfalls Schiller-Biografin.

Wer dieses Jahr in Sachen Schiller immer auf dem Laufenden bleiben möchte, ohne ständig die Seite zu besuchen, sollte sich ganz einfach den Newsletter bestellen.

Katrin Schaumann