Alai

Ferne Quellen

Roman
Cover: Ferne Quellen
Unionsverlag, Zürich 2009
ISBN 9783293004054
Kartoniert, 153 Seiten, 14,90 EUR

Klappentext

Aus dem Chinesischen von Marc Hermann. Der scheue Junge verbringt seine Zeit lieber mit dem Pferdehirten auf den weiten Bergwiesen als mit den Menschen unten im Dorf. Oft erzählt ihm dieser von den fernen, heißen Quellen, in denen Männer und Frauen in heiterer Eintracht baden und von ihren Krankheiten genesen. Nichts wünscht sich das Kind seither sehnlicher, als zu diesen Heilquellen zu gelangen und der Enge seines Dorfes zu entfliehen. Als er viele Jahre später als Bezirksfotograf zu den Quellen vordringt, erlebt er eine bittere Enttäuschung: Wo einst das Wasser sprudelte und zum ausgelassenen Bad einlud, findet er eine hässliche, verlassene Betonlandschaft. Eine verfehlte Entwicklungspolitik hat eine Investitionsruine hinterlassen. Ein Traum ist gestorben.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 07.01.2010

Hat der osttibetische Autor Alai in seinem 2004 auf Deutsch erschienen, von der Kritik begeistert gefeierten Roman "Roter Mohn" seinen Helden noch mit "überwältigendem Witz" durchs Leben geschickt, muss sich Ludger Lütkehaus in seinem zweiten Roman an eine ungleich düsterere Tönung gewöhnen. Das autobiografisch grundierte Buch erzählt vom Aufeinanderprallen der tibetischen Traditionen mit der rücksichtsloser Modernisierung und Industrialisierung des Landes durch die chinesische Besatzung, erklärt der Rezensent. Die "Fernen Quellen" des Titels, lässt Lütkehaus wissen, sind der Sehnsuchtsort des jugendlichen Helden, am Ende werden sie durch ein "touristisches Großprojekt", das zudem niemals fertig gestellt wird, unwiederbringlich zerstört. Er findet es ausgesprochen mutig von Alai, dass er in diesem Roman, der dem Rezensenten weniger fiktional denn als "unbarmherziger Bericht" erscheint, auf Witz und Komik wie auch auf Flucht in den Mythos verzichtet und sich furchtlos der "niederschmetternden Tristesse" einer unumkehrbaren Entwicklung aussetzt.