Jie Zhang

Abschied von der Mutter

Roman
Cover: Abschied von der Mutter
Unionsverlag, Zürich 2000
ISBN 9783293002746
Gebunden, 218 Seiten, 14,83 EUR

Klappentext

Aus dem Chinesischen von Eva Müller. Mit unerbittlicher Ehrlichkeit erzählt Zhang Jie über ihre Unfähigkeit, von der Mutter Abschied zu nehmen. Durch Krieg, Hunger und die Wirren der Revolution stützten sich Mutter und Tochter gegenseitig in den Härten eines Alltags ohne Vater und Ehemann. Als die Mutter gebrechlich wird und beunruhigende Krankheitszeichen sichtbar werden, versucht Zhang Jie alles, ihr die besten Ärzte und die beste Behandlung zu sichern. Aber bald weicht die Sorge ohnmächtiger Wut und Überforderung, die sogleich wieder von Mitgefühl und Selbstvorwürfen abgelöst werden. Reue über so viele unausgesprochene Gedanken und in der Hast des Alltags verpasste Gesten der Zuneigung bleiben zurück. Verlorene Augenblicke können nicht nachgeholt werden und breiten sich in der Erinnerung aus. Erst der Tod durchtrennt die Nabelschnur, die Mutter und Tochter ein Leben lang verband.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 02.12.2000

Christiane Hammer ist durch und durch ratlos: Was ist denn der im Westen zu Ehren gekommenen chinesischen Schriftstellerin Zhang Jie da widerfahren: Im Angesicht des Todes der Mutter erweist sie sich in ihren Gefühlen zwischen Hass und Angst als "unbedarft ? weltfremd und lebensfern, ja abergläubisch", mehr noch es mangelt ihr, so Hammer, an "Lebensklugheit und Herzenswärme". Für Hammer stellt sich die Autorin hier auch als eine höchst privilegierte Angehörige der Intellektuellenklasse dar, die schamlos ihre Beziehungen nutzt, um "Chauffeur, Dienstmädchen, Einzelzimmer und Chefarztbehandlung" zu bekommen. Da empfindet die Rezensentin auch die eingestreuten Bekundungen kindlicher Pietät nicht mehr überzeugend. Diese "Peinlichkeit" wäre besser nicht veröffentlicht worden, meint Hammer.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 18.11.2000

Dorothee Dauber porträtiert die chinesische Schriftstellerin Zhang Jie in ihrer Kritik als "mutige und engagierte" Frau, die mit "Schwere Flügel" einen der "wichtigsten politischen Gesellschaftsromane" seit Bestehen der Volksrepublik China geschrieben habe. Umso betroffener ist Dauber von den Selbstvorwürfen und Zweifeln, die Zhang Jie nach dem Tod ihrer achtzigjährigen Mutter befallen haben, weil sie den hohen Ansprüchen an eine "pietätvolle Tochter" nicht entsprochen hat, wie Dauber schreibt. Hinter den Beschreibungen der Autorin, wie sie sich um die besten Ärzte, das beste Krankenhaus usw. bemüht hat, bemerkt die Rezensentin die quälende Sorge Zhang Jies, dass sie der alten Frau die "emotionale Zuwendung" vorenthalten hat. Dauber, die den Text sichtlich als quälend empfunden hat, ist dennoch fasziniert: Quasi nebenbei erfahre man Aufschlussreiches über die "chinesische Mentalität, den zwischenmenschlichen Umgang" und das "chinesische Denken". Hervorgehoben wird auch die "schöne Übersetzung" von Eva Müller.
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