Albert Camus

Der Fall

Roman
Cover: Der Fall
Rowohlt Verlag, Hamburg 2023
ISBN 9783498001308
Gebunden, 128 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen neu übersetzt von Grete Osterwald. "Wenn die Zuhälter und Diebe immer und überall verurteilt würden, hielten sich ja alle rechtschaffenen Leute ständig für unschuldig! Und meiner Meinung nach muss gerade das verhindert werden." In einer atemberaubenden Beichte bekennt im Amsterdamer Hafenviertel Jean-Baptiste Clamence, ehemals angesehener Anwalt, der sich stets für einen Wohltäter der Menschen gehalten hat, Selbstgefälligkeit und Opportunismus als Triebfedern seines einstigen Rechtsbewusstseins. Als er eines Nachts eine Frau auf einer Brücke stehen sah, im Begriff, in den Fluss zu springen, hat er sie nicht daran gehindert. Seitdem befindet sich sein Leben im freien Fall, und er stellt er sich selbst und den anderen Fragen: Warum tut man, was man tut? Warum lebt man, wie man lebt? Dieser Roman, einer der berühmtesten Texte des Existenzialismus, ist Camus' letztes vollendetes Prosawerk. Ein Jahr nach seinem Erscheinen erhielt der Autor den Literaturnobelpreis.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 08.06.2023

Rezensent Peter Henning entdeckt mit Freude den letzten Roman von Albert Camus mit dieser Neuübersetzung von Grete Osterwald wieder. Camus Thesen zum Absurden konzentrieren sich hier in der Figur des Jean-Baptiste Clamence, einem halbseidenen Anwalt, der sich von der Pariser Oberschicht abwandte, um nun in einer zwielichtigen Hafenspelunke juristische Ratschläge zu erteilen. Der 1957 erstmals erschienene Roman ist ein guter Einstieg in die existenzialistische Theorie Camus', versichert der Kritiker und ein Text mit "besonderem, zeitlosem Reiz". Osterwalds Übersetzung erscheint dem Kritiker oft "frischer und moderner" als die ältere Fassung, diese sei dafür aber "klanglich" doch zuweilen etwas "geschmeidiger".

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 22.04.2023

Rezensent Tilman Krause holt weit aus: Um Camus' ärmliches Aufwachsen in Algerien geht es, ebenso wie um seinen Aufstieg zu einem der bekanntesten Schriftsteller Frankreichs - eine Position, die zu akzeptieren ihm nicht unbedingt leicht gefallen ist. Von dieser Warte erklärt Krause denn auch dessen Roman "Der Fall": Camus hat die Haute Volée Frankreichs verachtet und war doch Teil von ihr, was sich in seinem Protagonisten, dem Richter Jean-Baptiste Clamence, widerspiegelt. Auch der war einst in den höchsten Gesellschaftsschichten unterwegs, bis er all die Eitelkeiten und Arroganz Leid war, was der Kritiker als Parodie auf das Intellektuellenleben à la Sartre und Beauvoir begreift. Die gelingt für ihn aber nur teils, zu sehr scheint Camus dieser Welt selbst noch verhaftet zu sein, fast wichtiger ist Krause das Buch, besonders in der hervorragenden Neuübersetzung von Grete Osterhaus, als "persönliches Frustrationsprotokoll" des Autors und als Ergänzung zu seinem Nachfolger "Licht und Schatten".