Alexander Nitzberg

Sprechende Stimmen

Russische Dichter lesen. Originalaufnahmen. 1 CD
Cover: Sprechende Stimmen
DuMont Verlag, Köln 2003
ISBN 9783832178437
CD, 39,90 EUR

Klappentext

1 CD mit Booklet, 72 Minuten. Herausgegeben, übertragen, auf Deutsch gelesen und mit einem Vorwort versehen von Alexander Nitzberg. Er trat im Zirkus auf und brüllte, auf einem Ross galoppierend, seine Verse ins Publikum. Wie bei Sergej Esenin gehört ein virtuoser Vortragsstil zur Tradition russischer Dichtung - so wie das gesprochene Wort die Wurzel jeglicher Dichtung ist. Von Vladimir Majakovskij wird berichtet, dass er in einem Restaurant unentwegt Verse rezitierte, bis er von Ossip Mandelstam ermahnt wurde, aufzuhören. Dass das "lebende Wort" die Masse ergreifen solle, war der Anspruch der russischen Avantgarde. In den Jahren um 1910 wurde die öffentliche Dichterlesung eingeführt und erlebte bald ihre ersten Höhepunkte. Alexander Nitzberg hat in den russischen Archiven Lyrikphonogramme entdeckt - einen besonderen Schatz bilden dabei die Aufnahmen der großen Dichter der Moderne. Die vorliegende Auswahl präsentiert die künstlerisch wertvollsten dieser Tonaufnahmen: Dem deutschen Publikum wird damit zum ersten Mal die Möglichkeit geboten, jene Lyriker, die an der Entwicklung der europäischen Poesie maßgeblich gearbeitet haben, zu hören und mit ihrer Stimme kennen zu lernen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 24.03.2004

"Sprachlos" lauschte Hanns-Josef Ortheil den russischen Klassikern, die auf dieser CD in Originalaufnahmen zu hören sind: Von Leo Tolstois zornigem Plädoyer gegen die Todesstrafe bis zu Anna Achmatowas "Widmung", von Aleksander Blok, der mit getragener Stimme seine "dunklen, schweren Gedichte im Raum ablegt", bis zu Wladimir Majakowski, der sich mit "forderndem, vibrierendem Ton" ans Publikum "ranschmeißt", begeisterte unseren Rezensenten vor allem die heute "völlig ungewohnte" gesanggleiche Rezitationsweise, bei der "jedes Wort mit einer kleinen Schleppe, mit einer Festtags- oder Trauerschleppe" daherkommt. Hinter diesem Ton, berichtet Ortheil aus dem von Alexander Nitzberg verfassten Beiheft, stehe oftmals eine "ausgefuchste Dichtungstheorie", wie denn auch generell der Vortragskunst im Russland des beginnenden 20. Jahrhunderts ein hoher Stellenwert eingeräumt worden sei. Über die ebenfalls von Nitzberg besorgten und gesprochenen Übersetzungen sagt uns der Rezensent leider nichts.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 01.12.2003

Jens Bisky schwankt bei diesem Hörbuch mit Gedichten von 14 russischen Lyrikern zwischen Enttäuschung und Begeisterung. Zunächst weist er auf die sehr "edle" Aufmachung der CD hin, die mit ihrer Hülle und dem beigelegten Plakat "konstruktivistisches Design" anklingen lässt, wie der beeindruckte Rezensent mitteilt. Bisky kann sich dem Sog der Originalaufnahmen, in denen die verschiedenen russischen Dichter eigene Verse deklamieren, kaum entziehen und findet schon allein die Auswahl der Lyriker "großartig". Gewaltig stört ihn allerdings, dass nirgends vermerkt ist, wann und warum diese Aufnahmen entstanden sind. "Mehr Information und weniger Kult" hätten diesem Hörbuch gutgetan, meint er. Dass der Herausgeber Alexander Nitzberg dann sämtliche Übertragungen der russischen Gedichte ins Deutsche selbst spricht, moniert der Rezensent als Fehlentscheidung. Nicht nur hätte er es gut gefunden, wenn auch die Übersetzung der Gedichte verschiedener Autoren von unterschiedlichen Sprechern gesprochen worden wären. Der Rezensent moniert auch, dass Nitzberg wie ein "Lehrer für Sprecherziehung", nämlich überdeutlich und angestrengt vorträgt und so die Gedichte um ihre Wirkung bringe. Diese CD "füllt eine Lücke", betont der Rezensent, aber er kann dennoch seine Enttäuschung über die genannten Mängel nicht verhehlen.
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