Anna Gien, Marlene Stark

M

Roman
Cover: M
Matthes und Seitz Berlin, Berlin 2019
ISBN 9783957576941
Gebunden, 248 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Hier scheppert der DJ-Rollkoffer unerbittlich über Berliner Kopfsteinpflaster, schweißnasse Schaumstoffmatratzen treiben in ranzigen, beatdurchwummerten Kellern am Leser vorbei; eine von Erektionen umstellte Fitnessradtour im Kreuzberger Zimmer hilft das Speed abzubauen. Die Wände des Darkrooms kleben, Galeristen gieren nach frischem Fleisch und Plastikschwänzen. M. liefert sich aus und reißt die Macht an sich, sie fickt die Kunstszene, während sie für ihre nächste Ausstellung Gelnageldesignerinnen und Massagestühle auftreibt. M. ist das Protokoll einer Ermächtigung des eigenen Körpers, des eigenen Begehrens, und kalter Bericht über das Ausbeutungsgefüge im Kunstbetrieb - in einer Sprache, die schonungslos die Entwicklung der Erzählerin von einer zynischen Beobachterin zur strippenziehenden Regisseurin vollzieht.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.05.2019

Dem Bestand an Club-Literatur fügt das Autorinnen-Duo Anna Gien und Marlene Stark keine neue Note hinzu, winkt Rezensenten Miryam Schellbach ab. Ernüchtert resümiert sie die Geschichte um D-Jane M., die zugedröhnt in Neuköllner Kellerbars Achtzigerjahre-Elektro auflegt, Männer mit Umschnall-Dildos penetriert und dabei Sätze von sich gibt, die laut Kritikerin eher nach süddeutscher Tante auf Berlin-Trip klingen. Schade, findet Schellbach, gern hätte sie eigentlich erfahren, wie das linke "Stroboproletariat" von heute klingt. Dass die Autorinnen ihrer narzisstisch um sich kreisenden Heldin außerdem ein äußerst "binäres" Geschlechterbild mitgeben, in dem es nur um Macht und Unterdrückung geht, findet die Rezensentin ziemlich eindimensional.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 25.04.2019

Erotische oder pornografische Literatur von Frauen gibt es spätestens seit der Barockautorin Sybilla Schwarz - und ebenso lange gibt es den Vorwurf, weibliche Lust diene lediglich der Provokation, konstatiert Rezensentin Miriam Zeh. Im Fall des Autorinnen-Duos Anna Gien und Marlene Stark stimmt der Vorwurf allerdings, fährt die Kritikerin fort, die in dem als Berliner-Kunstszene-Satire verpackten Sexbuch en detail nachlesen muss, wie die unverkennbar an Catherine Millets Roman "Das sexuelle Leben der Catherine M." angelehnte Heldin M. mächtigen Männern mit Penisprothese die After "durchpflügt", ihre Freunde per Chat zum Sex untereinander auffordert und Berliner Darkrooms unsicher macht. Dass die hier beschriebenen Männerfantasien von den Autorinnen als solche erkannt und benannt werden, macht es für die Rezensentin nicht besser: Zur Sexismus-Debatte trägt das nicht viel bei und auch die Notate zur Kunstszene bleiben flach, seufzt die Kritikerin, die den Roman achselzuckend als reine "Provokationspose" zur Seite legt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 02.03.2019

Für Birthe Mühlhoff wird im Roman von Marlene Stark und Anna Gien entschieden zu viel rumgefickt, ob in den Arsch oder sonst wohin. Politisch, etwa im Sinne einer Kritik am Kunstbetrieb (die Erzählerin ist Künstlerin mit lukrativem Nebenjob), kann sie das nicht finden, die Metaphern sind abgelutscht, meint sie. Der im Buch reichlich zur Schau gestellten coolen Offenheit diesbezüglich gewinnt sie wenig mehr als lustige Unterhaltung ab, die jedoch schnell fad wird, denkt sie länger darüber nach. Oft hat sie das Gefühl, die Autorinnen haben einen Schlüsselroman verfasst, nur dass dem Leser der Schlüssel fehlt. Gehässige Milieubeschreibungen allein machen für Mühlhoff noch keinen gutes Buch.
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Rezensionsnotiz zu Die Welt, 16.02.2019

Was sie da eigentlich vor sich hat mit dem Buch von Anna Gien und Marlene Stark, errät Hannah Lühmann nach und nach. Nein, es handelt sich nicht um einen autobiografischen Konfessions- und Schlüsselroman a la Geschichte der O. aus der Berliner Jetztzeit. Vielmehr, so vermutet Lühmann, haben die beiden Autorinnen, DJ und Kunst-Journalistin, einen Poproman vorgelegt, geschickt gemacht und formal "großartig". So lässt sich so eine Sexbeichte mit Gruppensex und Kunstsperma doch gleich viel leichter, nämlich ohne das Gefühl, etwas verpasst zu haben, konsumieren, freut sich Lühmann.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 05.02.2019

Ulrich Gutmair hat Spaß mit dem Buch von Anna Gien und Marlene Stark, auch wenn er darin keinen Roman erkennen kann, auch keine Entwicklung, und die anklingende Frauensolidarität kann er nicht ernstnehmen. Treffende Beobachtungen aus dem Berliner Techno-Nightlife und lakonisch geschilderter Klo- und Galeristensex sowie jede Menge Humor versüßen ihm die Lektüre. Besonders beeindruckend für Gutmair: der weihnachtliche Elternbesuch der Heldin. In der Heiligen Nacht hat sie Cybersex, und die Mutter in ihrer Normalität fühlt sich herabgesetzt. Psychologisch feinsinnig, findet der Rezensent.