Antonio Pennacchi

Canale Mussolini

Roman
Cover: Canale Mussolini
Carl Hanser Verlag, München 2012
ISBN 9783446238602
Gebunden, 446 Seiten, 24,90 EUR

Klappentext

Aus dem Italienischen von Barbara Kleiner. Warum war Mussolini so beliebt? Antonio Pennacchi erzählt den Faschismus in Italien erstmals aus einer neuen Perspektive. Die Peruzzi, Bauern aus der Provinz Ferrara, hegten Anfang des 20. Jahrhunderts noch sozialistische Sympathien. Bald jedoch leisten sie dem Duce überzeugte Gefolgschaft und arrangieren sich mit dem System. Ein Onkel hat gute Beziehungen nach Rom, die Großmutter flirtet sogar mit Mussolini. Pennacchi erzählt eine große Familiensaga über den gewöhnlichen Faschismus und seine Faszination. Sein provokanter, unheimlicher Roman setzt einer ganzen Region ein unvergessliches literarisches Denkmal.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.06.2012

Mit Antonio Penacchis neuem Roman "Canale Mussolini" hat Rezensentin Nicole Henneberg nicht nur ein "funkelndes und burleskes" Familienepos gelesen, sondern auch eine brillante politische und psychologische Fallstudie. Auf bewundernswerte gelinge es dem Autor, sich mit dieser Familiengeschichte, die der Kritikerin dank ihrer autobiografischen Bezüge umso kenntnisreicher und intimer erscheint, einem in Italien bis heute totgeschwiegenem Thema zu widmen: Henneberg folgt hier der einst leidenschaftlich sozialistischen Landarbeiter-Familie Peruzzi, die aus Dankbarkeit zu ebenso leidenschaftlichen Faschisten werden, nachdem unter der Regierung Mussolinis in einem faschistischen Großprojekt das ehemalige Sumpfland von Latina in fruchtbares Ackerland und somit in bewohnbare Siedlungen verwandelt wurde. Und so liest die Rezensentin neben der zentralen ergreifenden Liebesgeschichte zwischen einem jungen Neffen und seiner Tante wie der Peruzzi-Clan immer weiter in das detailliert geschilderte Kriegsgrauen hineingezogen wird. Insbesondere lobt Henneberg Pennacchis Vermögen, seine Figuren ebenso sympathisch wie kritisch und sarkastisch in all ihren Facetten und Ambivalenzen auszuleuchten.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 24.04.2012

Dass die "politische Plaudertasche" Antonio Pennacchi auch ganz schön provokativ sein kann, weiß Franz Haas bereits. In diesem 2010 mit dem Premio Strega ausgezeichneten Roman in der Übersetzung von Barbara Kleiner trifft der Rezensent den Autor nun auch als großen Rhapsoden, der eine innerfamiliäre Liebesgeschichte wie eine griechische Tragödie zu erzählen vermag. Doch das kommt ganz zum Schluss. Zuvor muss sich Haas immer wieder klarmachen, wie seltsam dieses Italien doch ist, wo man die Barbarei des Faschismus zwar einerseits geißeln, andererseits den Duce aber für seine Heldentaten verehren kann. Als da wäre: Die Trockenlegung der Pontinischen Sümpfe und ihre Besiedlung. Historisch akribisch nach Art eines Mehrgenerationen-Bauernepos bestellt der Autor, selber Spross der Pontinischen Siedler, diesen Acker, wie Haas erklärt, und kann die Spannung des Textes bis Ende stetig steigern. Kleine Durststrecken bleiben nicht aus, meint Haas, immerhin werden 40 Jahre italienische Geschichte und Politik verhandelt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.02.2012

Wieso Mussolini während der Ära Berlusconi wieder salonfähig werden konnte, ahnt Maike Albath schon: Der Faschismus wurde einfach totgeschwiegen. Antonio Pennacchis preisgekrönte Familienchronik aus dem Veneto, die Albath die Faszination großer Teile der Landbevölkerung für Mussolini einsichtig macht, hält die Rezensentin schon darum für bemerkenswert. Pennacchis Sympathie für sein Personal, die ihn allerdings nicht davor zurückhält, den Duce schön operettenhaft zu überzeichnen, gefällt ihr. Dass sich die mundartliche Verfassheit des Textes in der deutschen Übersetzung nicht abbilden lässt, bedauert Albath zwar, zugleich hält sie es aber für richtig, wenn die Übersetzerin auf eine deutsche Dialektentsprechung verzichtet. An den deutschen Verlag hat Albath allerdings eine dringende Frage: Wo sind die gut 20 gestrichenen, laut Albath der Atmosphäre des Buches durchaus dienlichen Passagen hin, und warum wurden sie entfernt?
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