Benjamin von Stuckrad-Barre

Blackbox

Unerwartete Systemfehler
Cover: Blackbox
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2000
ISBN 9783462029574
Gebunden, 349 Seiten, 10,17 EUR

Klappentext

Im Zweifelsfall ist die Blackbox die letzte Hoffnung auf der Suche nach Ursachen für Abstürze: Was hat versagt oder wer, lag es an der Technik, am Klima oder war es menschliches Versagen und dann von wem - Pilot, Passagier oder Terrorist? Die Blackbox merkt sich alles, zeichnet Gespräche genauso auf wie Kursveränderungen und sämtliche technischen Daten - und ist so stabil, dass sie den Absturz zumeist übersteht. Man muss sie nur finden. In den hier versammelten acht Texten entwirft Benjamin von Stuckrad-Barre acht Tragödien unterschiedlichster Art und macht sich mittels akribischer Protokollauswertung auf die Suche nach möglichen Absturzursachen.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 21.09.2000

Ein manchmal sogar sachlicher, meist aber nur ätzender Verriss von Reinhardt Baumgart. Sachlich ist, wie er kühl hinweist auf das Schon-mal-Dagewesene dieser Literatur, ihrer "fast vertrauten Melodie", zumindest für den älteren Leser und Kritiker: in den sechziger und siebziger Jahren nämlich dokumentierte man literarisch auch mit Vorliebe all die "Redeweisen" entfremdeter Figuren. Bei Stuckrad-Barre vermisst Baumgart jedoch die bei seinen Zeitgenossen Rainald Goetz und Thomas Meinecke immerhin noch spürbare "kritische Mimikry", den Protestcharakter solchen Schreibens. Denn hier bleibt nur ein Sack voll von "zündenden und dumpf verpuffenden Gags", eine Art "halb scharfer Harald-Schmidt-Abend" in Buchform. Und überhaupt beschäftigt den Kritiker die Medienfigur des Autors, sein Erscheinungsbild - "trotz aller Mühe um Markanz" eher diffus -, und das findet er dann auch in den Texten wieder: alles ist "mäßig traurig, mäßig amüsant, aber allzeit typisch", ist vor allem aber voller Quatsch und Gequatsche. Wenn manchmal der Autor bei "der Sache" ist und nicht selbstverliebt immer nur auf sein Talent starrt, kann er immerhin "ein begnadeter, ein selbstvergessener Reporter" sein, meint Baumgart. Aber leider hat er "nichts zu sagen", auch wenn er das sehr "reizend" sagt, zitiert der Kritiker am Schluss Oscar Wilde.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 02.09.2000

Stefan Maus scheint sich bei der Lektüre spürbar gelangweilt zu haben, und der Leser erfährt auch schnell, warum. Den Erzählstoff findet der Rezensent in keiner Weise originell, allerdings habe der Autor versucht, ihn mit Termini aus der Internet bzw. Computerwelt „auf Zeitgeist“ zu trimmen. Herausgekommen ist dabei nach Ansicht des Rezensenten ein Text, der viel Ähnlichkeit hat mit dem, was man üblicherweise in jedem „Lifestyle-Magazin“ lesen kann. Floskeln, Banales, Peinlichkeiten: Maus diagnostiziert eine Weltsicht, die ihn deutlich an die „Raucherecke eines progressiven humanistischen Gymnasiums“ erinnert. Zwar gelinge Stuckrad-Barre da und dort ein treffendes Bonmot. Allerdings ist dies für ein ganzes Buch eindeutig zu wenig, findet Maus. Auch dass der Autor das Buch benutzt, um bösen Prominenten-Klatsch und Tratsch zu verbreiten, trägt seiner Ansicht nach nicht gerade zur Qualität des Bandes bei. „Prinz August von Hannover (erledigt) solchen Gossip schneller und interessanter“, findet Maus.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 28.08.2000

Ziemlich süffisant geht Tobias Timm mit dem Autor und seinem Werk um. Immerhin gesteht er ihm zu, nachdem er sich lang und breit über die Selbstinszenierungen des jungen Autors und seiner "Party- und Medienprosa" ausgelassen hat, dass dies womöglich sein erstes "echtes Buch" sein könnte. Zumindest geht es "tieftraurig und tragisch" zu in den acht Geschichten, die hier präsentiert werden. Die meisten davon findet der Kritiker nicht besonders gelungen. Er nimmt den Anspruch des Schriftstellers wahr, sich in seinem Schreiben nicht nur mehr selbst darzustellen, sondern "den Lebenswelten anderer zu widmen", aber recht eingelöst findet Tobias Timm das noch nicht. Neudeutsches "Computervokabular" gemischt mit "Partyjargon", Selbstgespräche von nicht immer so interessanten Zeitgenossen, ein langatmiges "Dramolett" über sich selbst als Popstar und Opfer haben den Kritiker nicht überzeugt. Interessanter findet er die beiden Geschichten: "Vom netz" über einen Verlierer (oder loser, wie es heute heißt) und "standarddokument", eine Geschichte über einen erfolgreichen Talkshowvermittler, der am Ende auch nicht glücklich wird. Alles in allem sieht Tobias Timm immer noch zwei Möglichkeiten offen für Stuckrad-Barre: entweder ist dies jetzt ein Auftakt für ihn als Schriftsteller - oder es wird bald ein schnelles Verschwinden hinein in die eigene "Late-Show" geben.
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