Bernard-Henri Levy

Sartre

Der Philosoph des 20. Jahrhunderts
Cover: Sartre
Carl Hanser Verlag, München 2002
ISBN 9783446201484
Gebunden, 688 Seiten, 32,90 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Petra Willim. Jean-Paul Sarte: radikaler Denker, Kämpfer für die Menschenrechte, Lebensgefährte von Simone de Beauvoir - wie kein anderer Philosoph verkörpert er das zwanzigste Jahrhundert. Seine Irrtümer waren der Preis seiner radikalen Wahrhaftigkeit, aber sie brachten das Denken weiter als die Vorsicht seiner Kontrahenten. Was aber bleibt von Sartre, nachdem die Debatten über ihn verklungen sind? Levy entwirft mit seiner intellektuellen Biografie, die in Frankreich für großes Aufsehen sorgte, ein neues zeitgemäßes Bild des großen Denkers.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 06.11.2002

Bernard-Henri Levy schreibt über "Sartre" und damit über sich selbst, verkündet Wolf Lepenies, dem nicht entgangen ist, dass sich der Autor unausgesprochen als "legitimen Erben" des französischen Philosophen sieht. Levy unternimmt eine Ehrenrettung für den entweder in Vergessenheit geratenen (die Romane und Theaterstücke) oder in Verruf gekommenen (die politischen Abwege) Philosophen, Literaten, Politiker, Intellektuellen, den Lepenies als das "Chamäleon des 20. Jahrhunderts" bezeichnet. Levys Ehrenrettung sei jedoch keineswegs unkritisch oder gar apologetisch, versichert der Rezensent, vielmehr mit nervöser heißer Feder geschrieben, eine ehrfürchtige und liebevolle Annäherung dort, wo der Autor Verteidigenswürdiges sieht. So spreche er ihn "überzeugend" vom Vorwurf der Kollaboration frei, meint Lepenies, weswegen aus Sartre noch lange kein Widerstandskämpfer werde. Levy erweist sich für den Rezensenten als sorgfältiger wie origineller Interpret der Sartreschen Texte und "Verfechter einer unbestechlichen, vorurteilsfreien Hermeneutik", der "mit Lust" den gängigen Darstellungen von Sartres Leben und Werk widerspricht. Im Grunde, schreibt Lepenies, ist "der Fall Sartre die Wiederaufnahme des Falles Heidegger". Philosophie und Politik, Privatperson und öffentliche Rolle seien eben nicht voneinander zu trennen. Sartre müssen wir heute nicht mehr lesen, behauptet Lepenies, Levys Biografie schon.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 09.10.2002

Thomas Macho ist über diese Sartre-Biografie des französischen Philosophen Bernard-Henri Levy rundum begeistert. Geradezu "Unmögliches" habe der Autor mit dieser "meisterhaften", "großartigen" und "bedeutenden" Schrift vollbracht, schwärmt der Rezensent. Denn Sartres Hinterlassenschaft sei sowohl quantitativ als auch qualitativ so enorm, dass es der Rezensent wirklich für eine hohe Kunst hält, sich diesem Querdenker in einer Analyse zu nähern. Levy habe es vermieden, einer Hagiografie zu schreiben. Gerade Sartres Widersprüchlichkeit werde hier sowohl "vielgestaltig" als auch "individuell" im Kontext ideen- und literaturgeschichtlicher, sozialer und politischer Prozesse als auch persönlicher Zugänge herausgestellt. Gleich zweifach beschreibe der Autor Sartre als "Brennpunkt": als einen des 20. Jahrhunderts und als einen der "individueller Reflexionen". Dass die Lektüre dieses "hervorragend lesbaren" Buchs für alle, die sich mit den Denkern des letzten Jahrhunderts beschäftigen wollen, ein Muss ist, schreibt der Rezensent zwar nicht ausdrücklich, lässt aber mit seiner Lobeshymne keinen anderen Schluss erahnen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 08.10.2002

In den Augen von Rezensent Ludger Heidbrink will Bernard-Henri Levys "furiose" und "exzessive" Sartre-Biografie vor allem eines sein: eine "späte Rehabilitierung des verfemten (und aus der Mode gekommenen) Sartre". Für Levy, der seinerzeit, so berichtet Heidbrink, als einer der "nouveaux philosophes" gegen Sartre ankämpfte, ist Sartre nun eine "moralische Revolution", die seit der Romantik ihresgleichen sucht. Sartres Talent liege für Levy in seiner publizistischen Bandbreite und in der strategischen Logik, mit der er sich einen Platz in der Geistesgeschichte des Jahrhunderts erobert hat. Doch es gebe für Levy nicht nur einen, sondern "zwei Sartres", die miteinander ständig "im Konflikt" lagen: einerseits der frühe, existenzialistische Sartre, der "das Trugbild des naiven, selbstgewissen Humanismus zerstört" und andererseits der kollektivistische, politisch engagierte Sartre, der dem Kommunismus anheim fällt. Den "Wendepunkt" vom ersten zum zweiten Sartre, so Heidbrink, sieht Levy in Sartres Kriegsgefangenschaft in Deutschland, die ihm den Kollektivismus und das Handeln für eine bessere Zukunft nahegelegt haben soll. Sartres offensichtliche "Irrtümer", seine "Schizophrenie" wolle Levy nicht entschuldigen, doch er vermute, dass sie dem "Extremismus der historischen 'Situation'" entsprungen seien, einem Jahrhunderts in dem viele Denker "Zuflucht" im sozialen und politischen "Aktivismus" suchten. Vielleicht, spekuliert Heidbrink abschließend, "hat die Epoche Sartre erst begonnen".

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 02.10.2002

Der Autor selbst ist wie sein Sujet eine Pariser Institution, einer der führenden Köpfe der "nouveaux philosophes", die sich Ende der siebziger Jahre vom Marxismus beziehungsweise vom revolutionär-utopischen Denken überhaupt lautstark verabschiedeten, wie Richard Herzinger einführend schreibt. Und damit auch vom geistigen Übervater Sartre. Umso erstaunlicher, dass Lévy nun, 25 Jahre später, über diesen Mann eine fesselnde Biografie vorlegt, ja ihm regelrecht "eine glühende Liebeserklärung" macht. Er liebt ihn, so Herzinger, für seine radikale Diesseitigkeit und das kompromisslose Eintreten für individuelle Freiheit, für seinen beweglichen Geist, und er liebt ihn ganz besonders für seine Lebenslust. Chronologische Übersichtlichkeit möge man von dieser Biografie nicht erwarten, warnt Herzinger, Lévy stürze sich gleichsam kopfüber in das Universum Sartre, seine philosophischen Werke, seine Romane, seine Tagebücher, seine politischen Verirrungen, er begreift ihn einfach als menschliches Laboratorium, behauptet Herzinger. Lévys Eifer und Begeisterung stecken an, meint der Rezensent, es koste allerdings manchmal Mühe, mit dem Tempo des Autors Schritt zu halten.