Bernd Cailloux

Der amerikanische Sohn

Roman
Cover: Der amerikanische Sohn
Suhrkamp Verlag, Berlin 2020
ISBN 9783518429129
Gebunden, 223 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Und du? Hast du Kinder? - Ja, einen Sohn, in Amerika. Danach Schweigen. Die am Rande einer Podiumsveranstaltung arglos gestellte Frage rührt an ein Lebenstrauma. Von seiner Vaterschaft erfuhr der Altachtundsechziger vor dreißig Jahren per Zufall auf der Tanzfläche. Der Junge namens Eno wuchs in Jamaika auf, später in den USA, Kontakt gab es keinen. Die Mutter, eine Hamburgerin, ging eigene Wege. Und so hatte die Existenz des Sohns den Vater, der als Aktivist und Hippie-Businessman von Familie nicht viel wissen wollte, bisher nie wirklich gekümmert. Doch 2014 lädt ihn eine Stiftung nach New York ein. Eine Chance, mit der verdrängten Geschichte ins Reine zu kommen. Je mehr er in die Stadt eintaucht, an alten und neuen Orten den Spuren des Undergrounds der Siebziger bis zu den Vorzeichen der Präsidentschaft Donald Trumps folgt, umso mehr gewinnt die Frage nach dem nahen fernen, längst erwachsenen Kind an Dringlichkeit.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.07.2020

Martin Halter folgt Bernd Cailloux auf der Suche nach seinem verlorenen Sohn. Dass die Vater-Sohn-Story eigentlich nebensächlich ist, und der Autor nur gern mal statt am Berliner Tresen in New York Nabelschau betreiben, übers Ende des Hedonismus, das Altern und schwindendes Selbstbewusstsein soziologisieren möchte, geht Halter irgendwann auch auf. Nicht schlimm, findet er. Nur wer ein Roadmovie wie von Wenders erwartet, wird enttäuscht sein, warnt er.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 29.06.2020

Rezensent Michael Opitz hätte auch die Geschichte ganz interessant gefunden, die Bernd Cailloux wohl eigentlich erzählen wollte: Die eines Vaters nämlich, der sich auf den Weg nach New York begibt, um nach dreißig Jahren erstmals seinen Sohn kennenzulernen. Davon erfährt der Kritiker allerdings kaum etwas, vielmehr ergehe sich Cailloux in rauschhaften New-York-Schilderungen, "flaniere" durch die Stadt und vergleiche seine Erlebnisse mit einstigen Eindrücken, resümiert Opitz. Das macht dem Kritiker aber gar nicht viel aus, denn der Autor schaffe es, seine "Faszination" mittels Sprache auf den Leser zu übertragen, versichert der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.06.2020

Eigentlich hätte aus dem Stoff eine melancholische Elegie werden müssen, meint Rezensent Helmut Böttiger, aber als spritziger Lebensroman macht die Geschichte natürlich viel mehr Spaß! Bernd Cailloux erzählt im dritten Band seiner Achtundsechziger-Trilogie, wie sein Ich-Erzähler, der sich seit Jahrzehnten in der Berliner Subventionskultur über Wasser hält, mit einem Stipendium nach New York geht, auf der Suche nach seinem  unbekannten Sohn. Im Roman herrsche ein erstaunlich lockerer Ton, bemerkt Böttiger, Achtundsechzig sei hier weniger politische Prägung als vielmehr Pop und Lebensstil. Manchmal gerate Cailloux die Erzählung bei aller Intellektualität vielleicht etwas zu salopp, räumt der Rezensent ein, aber wie Cailloux immer wieder Sehnsuchtbilder ins Traurigkomische, Groteske einbaut, findet Böttiger fantastisch. Und herrlich die Beschreibung der Riten im Kunstbetrieb!
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 06.06.2020

Rezensent Jens Uthoff hat gern gelesen, wie sich ein alter Achtundsechziger nach New York aufmacht, um seinen dreißigjährigen Sohn kennenzulernen. Die autobiografischen Anteile des Romans - Cailloux selbst sei ein Linker "von der alten Garde", unterrichtet uns Uthoff - sorgen dem Kritiker zufolge nicht nur für jede Menge Spaß, sondern führen auch zu einer schonungslosen Reflexion der damaligen Ideale aus heutiger Sicht: Was ist von ihnen übrig geblieben? Hat sich die Entscheidung für permanente Selbstverwirklichung ausgezahlt? Besonders New York wirkt durch die Augen des Althippies aalglatt und abgestumpft - eine bittere, aber treffende Diagnose, meint Uthoff.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 18.04.2020

Der Ich-Erzähler in Bernd Cailloux' neuestem Roman macht vor, wie man die eigenen Erinnerungen lehrreich und zugleich witzig an den Mann beziehungsweise die nachfolgende Generation bringt, lobt Rezensent Tilman Krause. Auf dem Weg zu seinem bereits erwachsenen Sohn, der in New York lebt und mit dem Vater nie zuvor Kontakt hatte, reflektiert der Berliner Protagonist, wie es zu dieser Situation kommen konnte, so Krause. Wie das Zusammentreffen letztlich ausgeht, will der Kritiker nicht verraten, aber er verspricht eine hervorragend gelungene Pointe. Bis dahin kann man aus diesem Buch eines hedonistischen 68er-Revoluzzers lernen, wie man auf fröhliche Weise die "Eitelkeiten von heute" durch den Kakao zieht, schließt er.