Brigitte Studer

Reisende der Weltrevolution

Eine Globalgeschichte der Kommunistischen Internationale
Cover: Reisende der Weltrevolution
Suhrkamp Verlag, Berlin 2020
ISBN 9783518299296
Kartoniert, 618 Seiten, 30,00 EUR

Klappentext

Die Geschichte des 20. Jahrhunderts lässt sich ohne die Geschichte des Kommunismus nicht verstehen. Mit der Kommunistischen Internationale nahm 1919 ein revolutionäres Projekt Gestalt an, das auf einer schlagkräftig organisierten und global vernetzten Avantgarde aufbaute. Mit besonderem Augenmerk auf eine Gruppe von transnational engagierten Frauen und Männern zeichnet Brigitte Studer ein Gesamtbild der Komintern in globaler Perspektive nach - von Moskau und Berlin über Baku und Taschkent bis nach Wuhan und Shanghai. Sie zeigt die soziale Realität der arbeitsteiligen Welt der Komintern und die Erfahrungen, Hoffnungen und auch Enttäuschungen von Menschen, für die die Revolution Arbeit und Lebensinhalt war.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.02.2021

Der hier rezensierende Historiker Gerd Koenen kann sich für Brigitte Studers Geschichte der Komintern nicht erwärmen. Schon ihr Ausgangspunkt, dass die alte Sozialdemokratie ausgedient hatte und deswegen die Arbeiterbewegung auf eine neue Organisation setzen musste, um die Weltrevolution voranzubringen, hält er für falsch: Schließlich versammelte die Komintern vor allem Intellektuelle, abtrünnige Sprösslinge des Adels und Großbürgertums oder Angehörige nationaler Minderheiten, während die meisten Arbeiter der SPD verhaftet blieben. Aber auch wenn sich Studer exemplarisch auf charismatische Figuren wie den indischen Sozialrevolutionär Manabendra Roy, den kommunistischen Medienmogul Willi Münzenberg oder die Fotografin Tina Modotti kapriziert, wird Koenen bald enttäuscht: Anstatt Motivation und Beweggründe auszuleuchten, verbiete sich Studer "biografische Illusionen" und versteife sich auf die derzeit angesagten methodischen Imperative. Doch mit deren "hölzernen Floskeln" könne die Autorin erst recht nicht die hingebungsvolle Energie erklären, mit denen die "Reisende der Weltrevolution" im Auftrag des Weltproletariats agierten, findet der Rezensent.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 23.12.2020

Die Schweizer Historikerin Brigitte Studer hat ungeheure Massen von Literatur und Akten studiert, um die Lebensgeschichten der Vertreter der Komintern zu beschreiben, staunt Rezensent Gero von Randow. Von Lenin kreiert, von Stalin fortgeführt, existierte das internationale Bündnis der Kommunisten, um zuerst in Deutschland, dann überall die Revolution möglich zu machen - mit Waffen, Geld und Befehlen aus Moskau, so gibt der beeindruckte Kritiker die Sache wieder. Später ist daraus zunehmend ein bürokratischer und Spionage-Apparat geworden, wie wir von ihm lernen. Anfangs sollten auch die Frauen befreit werden, wurden dann jedoch vor allem zum Übersetzen und Tippen gebraucht - und für schnelllebige Affären, stellt van Randow fest. Er lobt die Beschreibung als "detailreich" und hebt besonders die Lebensbeschreibung des Inders Manabendra Nath Roy hervor, der hier "zu Recht", wie der Kritiker findet, große Aufmerksamkeit erfährt. Das Buch endet mit der Auflösung der Komintern 1943, das Denk- und Handlungsmuster internationaler Reisekader jedoch lebte fort, meint von Randow - und erwähnt als Beweis noch kurz das Tagebuch des ehemaligen französischen Parteichefs Maurice Thorez aus den 1950 und 1960er Jahren, das soeben in Paris erschienen ist.