Catherine Breillat

Ein Mädchen

Roman
Cover: Ein Mädchen
Kowalke und Co. Verlag, Berlin 2001
ISBN 9783932191268
Gebunden, 163 Seiten, 19,94 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Sabine Müller und Holger Fock.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 23.06.2001

In einer großen Besprechung setzt sich Thomas Laux mit mehreren Büchern französischer Autorinnen auseinander, die in oft drastischer Weise von der eigenen, weiblichen Sexualität handeln. Es handelt sich hierbei um die Romane "Wölfe fangen" und "Pauline und Claudine" von Virginie Despentes, um Catherine Breillats "Ein Mädchen" und um Christine Angots "Inzest". Zwar stellt er resümierend fest, dass der "literarische Zugewinn" bei all diesen Büchern (vielleicht mit der Ausnahme Breillats) bescheiden ausfalle, doch zeigt schon der Umfang seiner Besprechung, dass ihn die Bücher trotz alledem interessiert haben.
1) Catherine Breillat: "Ein Mädchen"
Breillat, so ruft Laux in Erinnerung, erregte vor zwei Jahren mit ihrem Film "Romance" großes Aufsehen in Frankreich. Ihr Roman "Ein Mädchen" datiert bereits von 1973 und schildert mit einer offensichtlich bis an die Ekelgrenze gehenden Konkretheit die sexuellen Entdeckungen eines pubertierenden Mädchens. Laux gefällt dabei aber die unverstellte Neugierde des jungen Mädchens, die sich im Roman widerzuspiegeln scheint: Auch wenn sich die Perspektive der erwachsenen Erzählerin manchmal in die Sprache der Jugendlichen einzuschleichen scheint, gelingt es Breillat nach Laux doch, "Sexualität als etwas Sinnliches, Erstes oder Neues" erfahrbar zu machen.
2) Virginie Despentes: "Wölfe fangen"
Auch hier steht ein Film im Hintergrund, denn "Wölfe fangen" ist das Buch zu Despentes' in Frankreich auf den Index gesetztem Film "Baise-moi". Laux schildert das Buch (wie den Film) als eine Umdrehung der üblichen Gewaltperspektiven. Hier sind es die Frauen, die ihre Sexualität mit Gewalt verbinden, so dass sich das Buch für Laux wie eine Art Rache an männlicher Pornografie liest: "Mit gleicher Münze wird heimgezahlt."
3) Virginie Despentes: "Pauline und Claudine"
Der zweite Roman Despentes', der von zwei Zwillingsschwestern handelt, stößt eher auf Laux' Gegenliebe, auch wenn er ihm nur einen Absatz widmet. Reine Sexszenen seien relativ selten, um so mehr fällt ihm die Bemühung um Authentizität durch den Jugendslang des Stils auf: Geschildert werde hier eher eine psychologische als eine körperliche Nacktheit.
4) Christine Angot: "Inzest"
Glaubt man Laux, so handelt es sich hier eher um einen Selbsttherapieversuch durch einen Roman als um Literatur im eigentlichen Sinne. Gespiegelt werden die lesbische Episode der Erzählerin mit ihrer Ärztin, in der der Sex zum Heilungsversuch für ein Trauma wird - denn im Hintergrund steht, dass die Erzählerin in ihrer Kindheit von ihrem Vater vergewaltigt wurde. Der Wunsch nach Heilung wird hier nach Laux in "atemlos vorgetragenen Staccato-Sätzen vorgetragen". Was man allerdings nicht erwarten könne - und dies scheint für alle hier besprochenen Romane zu gelten - sei Erotik.
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