Christian Baron

Schön ist die Nacht

Roman
Cover: Schön ist die Nacht
Claassen Verlag, Berlin 2022
ISBN 9783546100267
Gebunden, 384 Seiten, 23,00 EUR

Klappentext

Das Dröhnen und die Herrlichkeit, die Bürde und die Notwendigkeit des Lebens der "einfachen Leute" Willy sehnt sich nach nichts so sehr wie nach einem normalen Leben. Er will seine Arbeit als Zimmerer gut machen, er will für seine Familie sorgen, er träumt vom eigenen Häuschen. Mit seiner ehrlichen Art stößt er immer wieder an Grenzen, was nichts an seinem Entschluss ändert, anständig zu bleiben. Horst, ein ungelernter Hilfsarbeiter, glaubt schon lange nicht mehr daran, auf ehrliche Weise nach oben zu kommen. Er greift zu halbseidenen Mitteln, und seine Existenz entgleitet ihm in dem Maße, in dem er seine Aggressionen nicht im Griff hat. In die Spirale des Abstiegs zieht er seinen Freund Willy hinein - mit katastrophalen Folgen für beide. "Schön ist die Nacht" ist ein Roman über die westdeutschen Siebzigerjahre, der Roman einer ganzen sozialen Klasse. Zwischen ihren nach Emanzipation strebenden Frauen und streikwilligen "Gastarbeitern", zwischen ihnen entgleitenden Kindern und sie unter Druck setzenden Chefs, zwischen Spekulantenträumen und Baustellenwirklichkeit führen Willy und Horst aussichtslose Kämpfe um ihren Anteil am Wohlstand. Müssen wir sie uns als glückliche Menschen vorstellen?

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.02.2023

Der zweite Teil von Christian Barons Pfälzer Familienchronik erzählt Rezensentin Lerke von Saalfeld zufolge genauso authentisch und wuchtig vom Elend des Arbeiterlebens in der Provinz wie der erste autobiografische Teil. Während Baron in diesem seine harte Kindheit in eben jenem Milieu schilderte, springt er nun zeitlich zurück und zeichnet die Lebensgeschichte seines Vaters nach, so Saalfeld. Die Erzählung dreht sich um jenen Horst Baron und seinen Jugendfreund Willy, die im Wirtschaftswunder-Deutschland der 70er Jahre daran scheitern, am Aufschwung teilzuhaben, berichtet die Kritikerin. Horst zieht den ehrlichen Willy in seine kriminellen Machenschaften hinein, in beider Familien herrschen Härte und enormes Leid. Baron zeichnet eine Welt ohne Ausweg, schreibt Saalfeld, geprägt von Armut und Gewalt. Dabei geht es ihm nicht um das Mitleid der Leser, sondern um die Offenlegung desaströser Verhältnisse, so die Rezensentin. Beeindruckt ist Saalfeld von der atmosphärischen Dichte und den authentischen Figuren und wartet schon gespannt auf den dritten Teil der "Lauterer Trilogie".
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 20.08.2022

Rezensentin Angela Gutzeit findet Christian Barons zweiten "autosoziobiografischen" Roman deutlich schwächer als den ersten. Während im ersten Roman, der sich Barons Kindheit im Arbeitermilieu Kaiserslauterns der neunziger Jahre widmete, durch die Rückschau aus Autorenperspektive noch eine "Distanznahme und Reflexion" möglich war, so Gutzeit, fehlt dieser Abstand nun im neuen Roman. Er erzählt von der destruktiven Freundschaft zwischen Barons beiden Großvätern; dem gutmütigen Zimmermann Willy und dem gewalttätigen Versager Horst, der alle mit sich in den Abgrund reißt. Problematisch findet die Kritikerin dabei, dass die Erzählerstimme selbst in der Milieusprache seiner Protagonisten verharre, die keine Selbsterklärung zulasse - so werde zum Beispiel nicht nachvollziehbar, warum Willy überhaupt weiter zu Horst stehe, kritisiert Gutzeit. Eindrucksvoll findet sie hingegen Barons Schilderungen von häuslicher Gewalt und Armut - hier schaffe der Autor wie bereits im Vorgängerroman Szenen, die einem lange im Gedächtnis bleiben.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 10.08.2022

"Sein und Haben, Klasse sein und Klasse haben" sind zwei unterschiedliche Dinge, lernt Rezensent Paul Jandl, der trotz des vielen Alkohols im neuen - autobiografischen - Roman von Christian Baron recht "ernüchtert" aus der Lektüre hervorgeht. Er begleitet hier die Freunde Horst und Willy durchs Kaiserslautern der Siebziger, beide versuchen auf ihre Art den sozialen Aufstieg und scheitern immer wieder aufs Neue. Zwar verspürt Jandl durchaus Empathie mit den beiden Helden. Insgesamt erscheinen ihm die Figuren aber doch zu flach, fast "schlagerhaft". Auch sprachlich geht hier leider einiges schief, seufzt Jandl und erinnert mit Blick auf den Vorgänger "Ein Mann seiner Klasse": Das kann Baron besser.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 06.08.2022

Rezensentin Marlen Hobrack liest Christian Barons zweiten Roman als eine Art Vorgeschichte zum Vorgänger "Ein Mann seiner Klasse". Hier entführt sie Baron in die Ära Brandt/Schmidt, die Wirtschaftswunderjahre sind vorbei, die Aufstiegsträume sind geplatzt und mittendrin stecken zwei Männer "im Hustle", resümiert Hobrack. Zwei Freunde, der Kleinkriminelle Horst Baron, offenbar der Großvater des Autors und der korrekte Willy, kämpfen beide auf ihre Weise im Kaiserslautern der Siebziger um ihren Platz in der Gesellschaft, nur wird ihnen leider auch die Freundschaft zum Verhängnis. Die Kritikerin verdankt Baron einmal mehr Einblicke in die Arbeiterschicht, auf jeden Kitsch verzichtet der Autor glücklicherweise, lobt sie. Und dass sie durch Barons "neusachlichen" Erzählton beiden Männern, trotz permanenter Innensicht, nicht näher kommt, verbucht sie als Qualität: So wirken beiden Männer zeitlos, meint sie.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 28.07.2022

Rezensent Frank Jöricke fühlt sich durch Christian Barons "Schön ist die Nacht" an die klassenkämpferische, deprimierende Kinderzeichentrickserie "Herr Rossi sucht das Glück" erinnert. Der Autor schreibt in seinem zweiten Roman von seinen Großeltern in den 70er Jahren - genauer gesagt von den privaten und beruflichen Niederlagen des pflichtbewussten, ehrlichen Zimmermann Willy Wagner und dem aggressiven, kleinkriminellen Hilfsarbeiter Horst Baron, erklärt Jöricke. Das ist dem Rezensenten zufolge ideologiefrei und oft aberwitzig, aber wohl biografisch beglaubigt. Vor dem Hintergrund heutiger Inflation und Energiekrise kann man dieses Buch auch als Mahnung lesen, dass sozialer Abstieg nicht nur für die unmittelbar Betroffenen zur Katastrophe werden kann, schließt Jöricke, der den Roman nur empfehlen kann.