Maria Barankow (Hg.), Christian Baron (Hg.)

Klasse und Kampf

Cover: Klasse und Kampf
Claassen Verlag, Berlin 2021
ISBN 9783546100250
Gebunden, 224 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Deutschland gibt sich gerne als ein Land, in dem Klasse unsichtbar ist. In dem die Chancen auf Bildung und Wohlstand für alle gleich sind. Klasse und Kampf räumt mit diesem Mythos auf. 14 Autor*innen schreiben in persönlichen Essays über Herkunft und Scham, über Privilegien und strukturelle Diskriminierung, über den Aufstieg und das Unwohlsein im neuen Milieu. Zusammen ergeben ihre Stimmen ein vielschichtiges Manifest von großer politischer Kraft. Mit Beiträgen von Christian Baron, Martin Becker, Bov Bjerg, Arno Frank, Lucy Fricke, Kübra Gümüsay, Schorsch Kamerun, Pinar Karabulut, Clemens Meyer, Katja Oskamp, Sharon Dodua Otoo, Francis Seeck, Anke Stelling, Olivia Wenzel.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 17.04.2021

Rezensentin Marlen Hobrack ist nach der Lektüre dieses Sammelbands eher melancholisch als wütend - und bedauert das: Zu wenig Kampf steckt ihr in diesen angeblich zum Klassenkampf verfassten Texten, in denen Autoren und Autorinnen prekärer Herkunft ihre Erfahrungen teilen. Wie beispielsweise in der Erzählung von Sharon Dodua Otoo über das Dasein als "Person of Color" und alleinerziehende Mutter am finanziellen Limit würde dabei aber meistens nur ein "struggle" beschrieben und nicht zum Kampf aufgerufen, kritisiert Hobrack - im schlimmsten Fall resultiere das gar in "Behaglichkeitserzählungen". Zusätzlich stört sie, dass sowohl in den Texten als auch in der AutorInnenauswahl die Frauen immer identitätspolitisch, die Männer hingegen nur als Männer verortet würden. Dass dadurch immerhin deutlich werde, dass auch die Klassenerzählung identitätspolitisch "aufgeschlüsselt" werden müsse, scheint die Rezensentin nicht zu versöhnen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 29.03.2021

Rezensent Alex Rühle ist überaus dankbar für diesen Band, der angesichts des Wiederaufkommens der Klassenfrage, aber auch der verhärteten Fronten zwischen Identitätspolitik und klassischer Linker eine wichtige Aufgabe erfüllt: Er erzählt davon, wie es ist, in Deutschland arm zu sein - und zwar nicht nur entlang der Trennlinie zwischen Proletariat und Bourgeoisie. Denn die Spaltung ist längst kein gerader Schnitt mehr. Francis Seeck etwa ist streng genommen weder Arbeiterin noch Akadamikerin, weil ihre Eltern studiert aber arm waren, erklärt Rühle. Andere Autorinnen wie Sharon Dodua Otoo und Kübra Gümpsay beschreiben, dass und wie "Klasse, Geschlecht und Hautfarbe oftmals schmerzhaft zusammengehören". Christian Baron und Maria Barankow gelingt es somit, Identitäts- und Klassenpolitik zusammen zu denken, Gemeinsamkeiten zu betonen, jedoch ohne Opfernarrative zu bemühen, versichert der Rezensent. Auch über andere Fallen eines solchen Unternehmens setzen sich die beiden HerausgeberInnen mühelos hinweg, lesen wir. Linke Theorie wird weder vernachlässigt, noch beschwert oder ermüdet sie jemals.
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