Cornelia Schleime

Weit fort

Roman
Cover: Weit fort
Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2007
ISBN 9783455401059
Gebunden, 111 Seiten, 14,95 EUR

Klappentext

Es hätte die ganz große Liebe werden können. Sie hatten scheinbar viel gemeinsam. Sie teilten eine Vergangenheit in einem untergegangenen Land. Doch Ludwig wandte sich ab, nachdem Clara ihn immer stärker teilnehmen ließ an ihrem Leben, das ein aufwendiges, ein aufregendes, ein schnelles Leben gewesen war und noch schneller wurde, nachdem sie ihr Land verlassen hatte. Dass sie damals verraten worden war, hatte sie später in ihren Akten gelesen. Wer sie verraten hatte - das warf sie um. Als sie nun all dies Ludwig berichtete, da verschwand er.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 13.03.2008

Stofflich brillant, ja geradezu ungeheuerlich findet Rezensentin Ursula März die Geschichte, die die Künstlerin Cornelia Schleime in ihrem ersten Roman erzählt - ungeheuerlich auch deshalb, weil es im Kern eine wahre Geschichte ist: die Geschichte des Verrats ihres Gefährten, des Dichters Sascha Anderson, der IM der Staatssicherheit war. Für März hätte es ein großes Buch, vielleicht sogar eines der bedeutendsten Bücher über die Geschichtet der DDR und das "Beschädigungspotenzial" ihrer Nachgeschichte sein können. Doch sprachlich ist das Buch aus ihrer Sicht komplett misslungen. Den "metaphorischen Spracheifer" der Autorin findet sie so unkontrolliert und grenzenlos, dass er aus ihrer Sicht schließlich auch den Stoff selbst beschädigt, und seine makellose Erzählidee in ungelenken Kitsch abgleiten lasse. So werde diese düstere Geschichte mir einer "seltsamen, fast mädchenhaften Süßlichkeit" verziert, was März letztlich dann fast an die "quasipoetische Diffusion" eines Sascha Anderson erinnert. Was für ein fataler Effekt! stöhnt die Rezensentin deswegen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 11.03.2008

Ohne biografische Kenntnis der Autorin und Malerin Cornelia Schleime ist der kurze Roman über einen Liebesverrat aus politischen Gründen nicht zu verstehen, informiert uns Nicole Henneburg. Daher gibt sich die Autorin auch keine große Mühe, hinter den Protagonisten - eine Frau lernt im Internet einen Mann kennen und lieben, der dann spurlos verschwindet - die eigene Lebensgeschichte und Freundschaft mit dem Dichter und Stasi-Mitarbeiter Sascha Anderson zu verbergen. Die Erzählerin zwingt sich in Wiederholungen eine erbarmungslose Erinnerungsarbeit physischer und psychischer Umstände auf, sie "wütet solange, bis die ganze Wahnkonstruktion zusammenbricht", schreibt Henneberg. Diese Schonungslosigkeit und das nebenbei entfaltete literarische Potenzial des rastlosen Romans haben die Rezensentin gefangen genommen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.02.2008

Durchaus zu schätzen weiß Rezensentin Rose-Maria Gropp diesen autobiografisch gefärbten Debütroman der Künstlerin Cornelia Schleime. Zwar hält sie die Autorin für eine bessere Malerin als eine Schriftstellerin. Aber das Buch hat sie nicht mehr losgelassen. Im Mittelpunkt sieht sie Schmerz und Trauer einer Künstlerin, die über eine Internet-Partnerbörse einen Mann, Ludwig, kennen gelernt hat, der sich aber nach einer intensiven Anbahnungsphase zurück zieht, ohne zu erklären, warum. Das Buch wird für Gropp zunehmend zu einem Zeugnis der "paranoischen Verfassung", die das Verschwinden Ludwigs bei der Künstlerin auslöst. Sie erkennt darin auch eine Auseinandersetzung Schleimes mit dem Trauma, das ihr die Bespitzelung durch Sascha Anderson, den schriftstellernden Stasi-Mitarbeiter aus der Künstlerszene des Prenzlauer Bergs (dessen Namen die Autorin kein einziges Mal erwähnt) zugefügt hat. Bisweilen läuft der Text nach Ansicht Gropps ein wenig aus dem Ruder, dafür aber besitzt er eine große Kraft, die "kein Entrinnen" zulasse.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 14.02.2008

Als Malerin schätzt Ijoma Mangold Cornelia Schleime ohnehin, nun preist er ihren ersten - und wie er glaubt, auch letzten - Roman an. Darin verarbeite die Künstlerin ihr eigenes Schicksal als Stasi-Opfer, die jahrelang von ihrem besten Freund, Sascha Anderson, bespitzelt wurde, erklärt der Rezensent, der über die geradezu "gespenstische" Geschichte nur schaudern kann. Im Roman lernt die Malerin Clara über das Internet einen Mann aus Bayern kennen, es entfaltet sich eine leidenschaftliche Liebesgeschichte, die abrupt abbricht, als Clara ihm einen Dokumentarfilm über ihre Geschichte zeigt, fasst Mangold zusammen. Der Rezensent glaubt, dass die Durchdringung der DDR-Gesellschaft mit Stasi-Spitzeln in bewährter Verdrängungsmanier bisher in der Literatur kaum aufgegriffen worden ist, weshalb er das Buch so verdienstvoll und beeindruckend findet. Und deshalb sieht er auch wohlwollend über die stilistischen Mängel des Romans hinweg, dessen "undisziplinierter Expressionismus" zwar nicht besonders ausgereift wirke, dafür aber das Leiden an der Vergangenheit um so eindrücklicher abbilde.
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