David van Reybrouck

Gegen Wahlen

Warum Abstimmen nicht demokratisch ist
Cover: Gegen Wahlen
Wallstein Verlag, Göttingen 2016
ISBN 9783835318717
Kartoniert, 200 Seiten, 17,90 EUR

Klappentext

Aus dem Niederländischen von Arne Braun. Es ist seltsam mit der Demokratie. Jeder ist dafür, aber keiner glaubt mehr so recht daran, dass sie funktioniert, jedenfalls nicht durch Wahlen. Wenn die Ergebnisse anders lauten als gewünscht, ist rasch der Vorwurf des Populismus im Raum. Immer weniger Menschen gehen wählen, die Mitgliederzahlen der politischen Parteien gehen dramatisch zurück. Wie kann überhaupt eine Demokratie effizient arbeiten und langfristig tragfähige Entscheidungen treffen, wenn die Politiker ihr Handeln vor allem an einem ausrichten müssen: Bei der nächsten Wahl wollen sie wiedergewählt werden. David Van Reybrouck beschreibt diesen Mechanismus mit klaren Argumenten als "demokratisches Ermüdungssyndrom". Wie kommen wir davon weg? Vielleicht sind ganz neue Wege nötig, auch wenn sie auf den ersten Blick ganz weltfremd erscheinen? David Van Reybroucks Vorschläge nehmen ein sehr altes demokratisches Prinzip auf, das schon im antiken Athen praktiziert wurde: Das Los. Bis hin zur Französischen Revolution wurde dieses demokratische Mittel oft angewendet, etwa auch in blühenden Republiken wie Venedig oder Florenz zu Zeiten der Renaissance. David Van Reybrouck zeigt, wie das auch heute ganz praktisch unsere machtlos gewordene Demokratie lebendiger machen kann.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.02.2017

Mit Freude am Zitat und augenscheinlichem Missmut während der Lektüre bespricht Hannah Bethke David van Reybroucks Wutschrift "Gegen Wahlen". Zunächst ackert sich die Kritikerin durch die Vielzahl der von dem belgischen Historiker geschilderten Krisen, die schließlich in der apokalyptischen Diagnose einer allgemeinen "Systemkrise" münden. Grund dafür sind laut Reybrouck die Wahlen, informiert die Rezensentin, die hier nachliest, dass die gegenwärtige "Diplomdemokratie" die Bürger entmündige und zu Politikverdrossenheit führe. In einer Kombination aus Wahlen und der Antike entlehntem Losverfahren sieht der Autor die Lösung, klärt die Kritikerin auf, die sich weniger Drama, dafür mehr "überzeugende" Argumentation gewünscht hätte.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 24.11.2016

In Zeiten, wo sich Demokratie mit demokratischen Mitteln abzuschaffen droht, wird es Zeit für neue Modelle demokratischer Partizipation, die die Bürger wesentlich intensiver einbinden, schreibt Elisabeth von Thadden in einer Dreifachbesprechung von David von Reyvbroucks "Gegen Wahlen", Dieter Hoffmann-Axthelms "Lokaldemokratie" und Anthony B. Atkinsons "Ungleichheit". Alle drei Autoren, so Thadden, denken pragmatisch über Verfahren nach, die das Prinzip Demokratie neu beleben könnten. Zwei Elemente scheinen dabei besonders innovativ - das von Reybrouck, aber auch Hoffmann-Axthelm verfochtene Losverfahren und die Idee eines Mindesterbes oder bedingten Grundeinkommens. Durchs Losverfahren würden Bürger aktiv - etwa in einer Bürgerkammer - an Entscheidungsprozessen und der Formulierung von Gesetzestexten mitwirken. Und auch das bedingte Grundeinkommen funktioniert nur, wenn die Bürger mitmachen. Hoffmann-Axthelm sieht dabei laut Thadden die lokale als die entscheidende Ebene der Demokratie. Eine starke EU müsste den Schirm darüber halten. Zu ähnlichen Ergebnissen komme der von Thadden nur kurz angerissene Atkinson. Allen drei Büchern bescheinigt die Rezensentin hohe Überzeugungskraft.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 08.08.2016

Rudolf Walther liest die Einwände des belgischen Historikers und Archäologen David van Reybrouck gegen die parlamentarisch-repräsentative Demokratie mit Vorsicht. Reybroucks Diagnose zur Parteiendemokratie kann er zwar voll zustimmen, doch der Maßstab, den der Autor anwendet, Effizienz und Legitimität, scheint ihm zweifelhaft. Nicht zu langsam wird in der Parteiendemokratie regiert, sondern oft zu schnell, meint der Rezensent. Wenn Reybrouck schließlich die Wahlen als Krisenfaktor ausmacht und sie durch Losverfahren ersetzen möchte, hat Walther alle Bedenken, ob das gegen soziale Ungleichheit ein probates Mittel ist.
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