Die Praxis der Wiedergutmachung

Geschichte, Erfahrung und Wirkung in Deutschland und Israel
Cover: Die Praxis der Wiedergutmachung
Wallstein Verlag, Göttingen 2009
ISBN 9783835301689
Gebunden, 248 Seiten, 52,00 EUR

Klappentext

Herausgegeben von Norbert Frei, Jose Brunner und Constantin Goschler. Der großangelegte Versuch, die Opfer des Dritten Reiches zu entschädigen, ist historisch ohne Beispiel. Mehr als eine Million Menschen erhielten im Laufe der Jahrzehnte "Wiedergutmachung", aber viele weitere Millionen, die ebenfalls unter dem nationalsozialistischen Terror gelitten hatten, blieben davon ausgeschlossen. Die meisten Opfer, die entschädigt wurden, bezogen ihre Gelder direkt durch die Bundesrepublik Deutschland, für die in Israel lebenden übernahm der jüdische Staat die Zahlung der Renten. Die Autoren dieses Bandes untersuchen erstmals die Entschädigungspraxis für NS-Verfolgte in der Bundesrepublik und in Israel in vergleichender Perspektive. Im Mittelpunkt steht die Frage nach dem Spannungsverhältnis zwischen den Gerechtigkeitserwartungen der einstigen Verfolgten und den Gesellschaften, in denen sie Wiedergutmachung bezogen. Deshalb richtet sich der Blick sowohl auf die Erfahrungen der verschiedenen Verfolgtengruppen als auch auf die der vielfältigen Akteure der Entschädigung in Deutschland und Israel.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.10.2009

Ein bisschen tröstlich stimmt die Lektüre Daniel Koerfer dann doch. Dass die Praxis der Wiedergutmachung keine Geschichte von Kleinkriegen oder der Sparsamkeit ist, wie sowohl die deutschen als auch die israelischen Autoren dieses Sammelbandes erklären, wirkt angesichts der hier versammelten haarsträubenden Erkenntnisse und Details (etwa über zwei Eugeniker, die nach dem Krieg über Wiedergutmachungsleistungen zu entscheiden hatten) auf den Rezensenten erleichternd. Es hat sich was getan, kein Zweifel. Weder, so teilt uns Koerfer mit, gilt weiterhin das Territorialprinzip, das die Opfer dazu zwang, die Sprache der Täter zu sprechen, noch kann weiter von einer Hierarchisierung der Opfer die Rede sein. Der Komplexität und der andauernden Aktualität des Themas werden die Autoren laut Koerfer gerecht. Manche Länge, Wiederholung oder Überschneidung in den Beiträgen kann er verkraften.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 26.08.2009

Rolf Wiggershaus liest die vorliegende, breit angelegte Untersuchung zur Praxis der Wiedergutmachung als Gegenperspektive zur Politik der Entschädigung und zu internationalen Abkommen. Die Beiträge deutscher und israelischer Autoren beeindrucken ihn durch Details bei der Sichtbarmachung der hinter der Praxis verborgenen Kämpfe um Anerkennung, der Lernprozesse und Hierarchisierungen. Was gilt als spezifisch nationalsozialistische Verfolgung? Am Beispiel der Sinti und Roma und der Homosexuellen erfährt Wiggershaus, wie stark die Wiedergutmachung von gesellschaftlichen Vorurteilen geprägt war "und blieb". Und er kann ermessen, wie marginal monetär nicht messbare Schäden wie Demütigung und Traumatisierung behandelt wurden. Das Fazit der Herausgeber erscheint Wiggershaus so wohlbegründet wie ernüchternd: Die Wiedergutmachung sei kein Erfolgsmodell, sondern ein Lehrstück, eine Geschichte auch der Engstirnigkeit und neuer Ungerechtigkeiten.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 22.06.2009

Die Geschichte der Wiedergutmachung von NS-Verbrechen als Erfolgsgeschichte zu lesen, fällt Ludger Heid nicht ein. Spätestens seit der Lektüre dieses in deutsch-israelischer Kooperation entstandenen Sammelbandes weiß er, wie kompliziert sich die Wiedergutmachungspraxis zwischen Deutschland und Israel im Detail gestaltet, und dass die individuelle Entschädigung (im Band exemplarisch beleuchtet) geprägt ist von Unzulänglichkeiten und Ungerechtigkeiten. Durch den Band und die darin versammelten Ergebnisse erscheint ihm die Politik- und Diplomatiegeschichte der Wiedergutmachung "weitgehend erforscht" zu sein.
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