Dieter Kühn

Gertrud Kolmar

Leben und Werk
Cover: Gertrud Kolmar
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2008
ISBN 9783100415110
Gebunden, 621 Seiten, 24,90 EUR

Klappentext

Gertrud Kolmar, geboren 1894 in Berlin, ermordet 1943 in Auschwitz, führte die deutschsprachige Lyrik zu einem Höhepunkt und dies in einer Zeit, die rings um sie herum den Befehlston des Dritten Reichs lernte. In Berlin und im Osthavelland lebte sie an der Seite ihres Vaters, eines Staranwalts der wilhelminischen Epoche. Selbst als Zwangsarbeiterin setzte sie noch ihre literarische Arbeit fort und hinterließ Gedichte im weiten Spektrum zwischen sanfter Naturlyrik und aufwühlender Innerlichkeit: Gedichte, in denen wir uns auch heute finden. Dieter Kühns große, vielstimmige Biografie der Gertrud Kolmar erzählt die Geschichte einer der wichtigsten deutschsprachigen Lyrikerinnen und ihrer jüdischen Familie, die in die ganze Welt emigrieren musste. Präsent wird die literarische und politische Szene, das weite Panorama der Zeit.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 17.02.2009

Mit seiner umfänglichen Biografie der Lyrikerin Gertrud Kolmar wird Dieter Kühn weder ihrer Person noch ihrem lyrischen Werk gerecht, stellt eine sehr unzufriedene Beatrice von Matt fest. Sie glaubt, der Autor habe einfach keinen wirklichen Zugang zu den Gedichten Kolmars, denen die Rezensentin große Sinnlichkeit, Kraft und überwältigende Bilder zuschreibt. Matt wirft Kühn gar vor, seine Kommentare zu den Gedichten seien derart "hilflos" und "fahrig", dass die zitierten Verse Kolmars dadurch jegliche Wirkung verlieren - was man wohl als vernichtende Kritik bezeichnen kann. Dabei zeigt die Biografie, wenn es um den familiären Hintergrund der Lyrikerin geht, durchaus Qualitäten, wie die Rezensentin einräumt, und die Figur des Vaters lobt sie sogar als sehr spannend geschildert. Wendet sich Kühn dagegen der Dichterin zu, kann er lediglich mit Germanistikstudenten-Jargon und Unverständnis aufwarten, so Matt etwas spitz, die für eine gelungene Kolmar-Biografie dann doch lieber auf Johanna Woltmanns Lebensbeschreibung von 1995 verweist.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.11.2008

Um mit Gertrud Kolmar bekannt zu werden, empfiehlt die Rezensentin, das Werk zu lesen. Die satten 600 Seiten von Dieter Kühns Biografie gehen laut Ulla Hahn in ihrem Anspruch, polyphone Lebensgeschichte als Familien- beziehungsweise Zeitgeschichte zu schreiben, am eigentlichen Wunschziel, nämlich Kolmars Entwicklung sichtbar werden zu lassen, vorbei. Um so mehr, als Hahn das Fragmentarische von Kühns Kenntnissen trotz aller von diesem erdachten Einschübe und Collagen nicht entgeht. Das "Was wäre gewesen, wenn?" des Autors hält Hahn für keine geeignete Fragestellung, um sich Kolmar zu nähern. Und so "herzzerreißend" die Lektüre ihr wird, wenn Kühn den Alltag im Dritten Reich beschreibt, so fragwürdig und letztlich gegen den eigentlichen Willen des Autors gerichtet erscheint ihr der Kurzschluss von Werk und Dichterleben, hier also: die Betrachtung Kolmars vorrangig als jüdische Dichterin. Dass Kühn eine Einordnung der Dichterin in die Literaturgeschichte und die Tradition vermissen lässt und keine Angaben zu Sekundärtexten macht, noch dem Band eine Bio-Bibliografie, ein Personen- oder ein Stichwortregister gönnt, kann Hahn beim besten Willen nicht verstehen.
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