Etienne Balibar

Der Schauplatz des Anderen

Formen der Gewalt und Grenzen der Zivilität
Cover: Der Schauplatz des Anderen
Hamburger Edition, Hamburg 2006
ISBN 9783936096712
Gebunden, 324 Seiten, 35,00 EUR

Klappentext

Die Reflexion über die "Masse", über Integration und Isolation, Zugehörigkeit und Ausgeschlossensein ist das verbindende Element dieser Sammlung von Aufsätzen des politischen Philosophen Etienne Balibar. In den erstmals 1983 bis 1996 veröffentlichten Texten ergründet der renommierte französische Denker das konfliktträchtige Verhältnis zwischen Massen und Staat. Denn obwohl ohne Masse kein Staat zu machen ist, stellt die Masse unter Umständen die größte Bedrohung für den Staat dar ("gute Bürger sind rar"); und zugleich fühlt sich die Masse mitunter selbst vom Staat bedroht.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 28.07.2007

Keine einfache, aber eine lohnende Lektüre sieht Rezensent Ulrich Brieler in diesem Band mit Essays von Etienne Balibar aus den Jahren 1983 bis 1997. Er beschreibt den Autor als einen der letzten Vertreter des strukturalistischen Marxismus und lobt seine theoretische Ernsthaftigkeit als "absolut unzeitgemäß". Das Buch steht für ihn in einer Reihe mit Jacques Derridas Überlegungen in "Marx' Gespenster" und der "Politik der Freundschaft" sowie der Diskussion um Michael Hardts und Antonio Negris "Empire". Neben einer Genealogie unserer politischen Ideen widmen sich die Essays Brieler zufolge dem Wandel des Ideologiebegriffs bei den Erfindern des historischen Materialismus sowie der Problematisierung von Universalismus, Rassismus und globalen Gewaltformen im Mittelpunkt. Er liest das Buch auch als einen Angriff auf einen Gegner, der ungenannt, aber stets präsent sei: die sogenannte Elite. Balibars Kritik an ihr und sein Entwurf einer Neubegründung von Politik in der globalisierten Welt, die auf Momente wie Emanzipation, Veränderung und Zivilität setzt, scheinen ihm nötiger den je, in einer Zeit, in der global entfesselte industrielle Gewalt, schamlose Ausbeutung und Klassengesellschaft wieder auferstanden sind.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.01.2007

Dass die in diesem Band versammelten Texte des Philosophen Etienne Balibar mitunter bald ein Vierteljahrhundert auf dem Buckel haben, stört Joseph Hanimann nicht. Wer sich für politische Philosophie interessiert, erklärt er, kann das Buch noch immer mit Gewinn lesen. Die Texte hält er für solide und weiterhin aktuell, ihren philosophiegeschichtlichen Hintergrund dabei für einen echten Vorzug gegenüber üblicher "Aktualitätspublizistik". So bei der Erörterung des Volksbegriffes mittels Rückgriff auf Rousseaus "Gesellschaftsvertrag". Balibars "Grundanliegen", die enorme Reichweite der Aufklärung zu erweisen, folgt der Rezensent skeptisch, jedoch nicht ohne Achtung vor der "Brillanz der Ausführung". Die von Hanimann ausdrücklich gelobte Arbeit des Übersetzers trägt dazu bei.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 30.11.2006

Immer wieder mit Gewinn hat Rezensent Andreas Eckert diese bereits vor zehn Jahren im Original erschienenen Aufsätze von Louis Althussers prominentestem Schüler gelesen. Trotzdem bleibt sein Eindruck zwiespältig. Denn erstens macht die Auseinandersetzung mit den Konzepten Masse und Macht und den Grenzen der Zivilität nur einen Teil des Bandes aus, dessen Rest sich für Eckert thematisch nicht so recht mit diesem Grundthema verbinden lässt. Auch trüben immer wieder Banalitäten den Glanz von Etienne Balibars klugen Einsichten. Jede These dieses Buches will der Rezensent nicht unterschreiben. Manches, zum Beispiel Balibars Einschätzung vom Verschwimmen der Grenzen Europas, sieht er vollkommen anders.