Frank Kolb

Tatort Troia

Geschichte - Mythen - Politik
Cover: Tatort Troia
Ferdinand Schöningh Verlag, Paderborn 2010
ISBN 9783506770097
Gebunden, 310 Seiten, 29,90 EUR

Klappentext

Gab es ein Troia? Nein! Gab es einen Troianischen Krieg? Nein! Auswandernde Griechen haben eine im Mutterland entstandene Sage an einer bronzezeitlichen Ruinenstätte im nordwestlichen Kleinasien verankert, deren damaligen Namen wir nicht kennen und die Schliemann ausgegraben hat. Viel bedeutender als jener Ort sind die Darstellung des Mythos - in Homers "Ilias" und seine spätere politische Instrumentalisierung. Frank Kolb zeigt, dass das Bemühen, den Mythos mit dem Spaten des Archäologen als Geschichte zu erweisen, methodisch verfehlt und erfolglos war und zu wissenschaftlich fragwürdigen Vorgehensweisen führte. Der "Schicksalshügel der Archäologie" wurde zu einem Skandalhügel.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 03.03.2011

Restlos überzeugt zeigt sich Hans-Martin Lohmann von den Argumenten, die Frank Kolb gegen ein historisch reales Troia und einen Troianischen Krieg ins Feld führt. Kolbs Buch wendet sich gegen die von Manfred Korfmann und Joachim Latacz auch in einer spektakulären Ausstellung aufgestellte These, das bei Homer geschilderte Troia sei eine Handelsmetropole in der heutigen Nordwesttürkei gewesen und der Krieg Troias gegen ein Bündnis mykenischer Griechen habe tatsächlich stattgefunden, erklärt der Rezensent. Es bündelt in seinen Augen sehr gut die wissenschaftliche Debatte um die Korfmannschen Thesen und bringt schlagende Belege für seine Position, die im Übrigen von der Fachwelt getragen werden, wie Lohmann betont. Der Tübinger Althistoriker lässt beim Rezensenten keine Zweifel zurück, dass die Homer'sche Schilderung vor allem seiner eigenen Zeit des ausgehenden 7. und beginnenden 8. Jahrhunderts v. Chr. verpflichtet ist und nicht die historische Situation in der Bronzezeit beschreibt. Daneben sieht der Rezensent aber auch mit Interesse, dass Kolb mit seinem Buch einem Trend entgegentritt, der sich von Eurozentrismus ab- und einer "Aufwertung des Ostens" zuwendet, die auch politisch motiviert ist.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.11.2010

In "Tatort Troja" rechnet Frank Kolb mit gewaltigem Furor mit den aufsehenerregenden Troja-Forschungen von Manfred Korfmann im Verein mit dem Philologen Joachim Latacz und nicht zuletzt mit dem Daimler-Chrysler-Konzern ab, die Homers Troja im anatolischen Hissarlik entdeckt zu haben glaubten, stellt Uwe Walter fest. Allerdings bemerkt er, dass der Hauptwidersacher des Autors, Korfmann, bereits 2005 gestorben ist, sich Latacz zu der Sache nicht mehr äußert und die Forschung die These mittlerweile gründlich widerlegt hat, Kolb also ganz offensichtlich die "Feinde abhanden" gekommen sind. Dass die Rekapitulation dieses Forschungsstreits dennoch fesselnd und "klug" geraten ist, liegt nach Meinung Walters an der akribischen Analyse des Autors, der Troja weniger als realen Ort denn als "Konstrukt" entlarvt, der von Politik und Wissenschaft instrumentalisiert wurde. Nicht so überzeugend findet der Rezensent allerdings Kolbs Betonung der niederen Absicht bei der Inszenierung des "Troja-Mythos" - der Autor unterstellt u. a. Daimler-Chrysler Kalkül bei der Finanzierung der Grabungen in Anatolien, um ihre Autos besser in der Türkei und bei in Deutschland lebenden Türken an den Mann zu bringen.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 12.10.2010

Mit seiner Streitschrift gegen die vor knapp zehn Jahren aufgestellte Behauptung Manfred Korfmanns, er habe das homerische Troja gefunden, rennt der Tübinger Althistoriker Frank Kolb bei Rezensent Stefan Rebenich, wie es scheint, offene Türen ein. Vollkommen plausibel findet er die Darlegungen, die noch einmal alle Punkte des damals sehr heftig geführten Gelehrtenstreits auflistet. Ebenfalls mit Spannung hat Rebenich die Rezeptionsgeschichte des Troja-Mythos zur Kenntnis genommen, die der Autor seinem Buch vorangestellt hat. Auf die fortwährenden Angriffe auf seine Widersacher und die Verschwörungstheorie, die Kolb gleich mitgeliefert hat, hätte der Rezensent aber gern verzichtet, und er glaubt auch nicht, dass dies der Sache dienen wird.