Fred Sellin, Klaus Weber

Todesursache: natürlich

Warum die meisten Morde unentdeckt bleiben
Cover: Todesursache: natürlich
Rowohlt Verlag, Reinbek 2001
ISBN 9783499611391
Taschenbuch, 255 Seiten, 8,64 EUR

Klappentext

Hausärzte und Notärzte sind zunehmend nicht in der Lage, gewaltsame Tötungen zu erkennen und konstatieren immer wieder: "Todesursache: natürlich". Das Buch zeigt anhand von Fallbeispielen die Tragweite des Problems.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 03.07.2001

Ulrike Hermann hat am Ende die Nase voll: von all den Leichen, Fallgeschichten, echten und verhinderten Autopsien, mit denen man ganze Akten und viele Buchkapitel füllen kann. Zwei Bücher sind zum Thema 'gewaltsamer Tod und Obduktionen' erschienen: das eine ein Beinahe-Plagiat des anderen, findet sie.
1.) Sabine Rückert: "Tote haben keine Lobby"
Für Hermann ist Rückerts Buch eindeutig das sachlichere, kompetentere Stück, auch wenn sich die Autorin manchmal von den Fallgeschichten mitreißen lasse und darüber die politische Analyse aus den Augen verliere. Rückert hat laut Hermann viele und auch makabre Fakten zusammengetragen: höchstens die Hälfte aller Tötungsdelikte, so schätzten Rechtsmediziner, würden überhaupt erkannt. Das liegt unter anderem, schließt die Rezensentin aus Rückerts Ausführungen, auch an einer politisch geduldeten und falschen Praxis der Leichenschau, die hierzulande vom normalen Haus- oder Amtsarzt durchgeführt werde, der von Pathologie keine Ahnung habe. Und selbst wenn die Todesursache ungeklärt bleibt, komme es höchst selten zur Obduktion. Ganz anders und beispielhaft verhalte sich Österreich: dort gibt es amtlich bestellte Leichenbeschauer in jeder Gemeinde.
2.) Fred Sellin/ Klaus Weber: "Todesursache: natürlich"
Schnell ein Buch hinterhergeschoben: für fast eine Kopie hält Hermann das Buch der beiden Journalisten, die das gleiche Thema wie Rückert bearbeiten und ihre Behauptungen durch Verschwörungstheorien aufpeppen. Was ihre Seriosität allerdings auch nicht gerade steigere. Sellin/Weber vermuten, so Hermann, dass es vonseiten der Polizei und Justiz gar kein Interesse an einer höheren Obduktionsrate gebe: denn dann könne die Polizei ja keine "Rekordaufklärungsquote von 95%" mehr vorweisen. Außerdem sei es im Interesse des Staates, die Folgekosten, d.h. die Kosten für die Gefängnisaufenthalte zu reduzieren. Angesichts der Tatsache, dass viele Menschen im Gefängnis sitzen, weil sie ihre Geldstrafen nicht bezahlen können, für Ulrike Hermann eine ziemlich absurde Vermutung.
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