Friedrich Rothe

Karl Kraus

Die Biografie
Cover: Karl Kraus
Piper Verlag, München 2003
ISBN 9783492041737
Gebunden, 423 Seiten, 24,90 EUR

Klappentext

Sein Drama "Die letzten Tage der Menschheit" ist ebenso unspielbar wie sprichwörtlich; er sah sich als "Antijournalist" (Thomas Mann) und ist doch bis heute Vorbild für alle politische Publizistik. Auf ihn war das Wort vom "jüdischen Antisemiten" geprägt, das ebenso falsch war wie seine Reduzierung auf das berühmte Wort: "Mir fällt zu Hitler nichts ein". Karl Kraus war eine der widersprüchlichsten und zugleich einflussreichsten Persönlichkeiten der deutschsprachigen Literatur des 20. Jahrhunderts. "Nicht was wir bringen, sondern was wir umbringen" hatte sich der begnadete Polemiker als Programm für seine legendäre Zeitschrift "Die Fackel" gewählt, kritisch und verletzend nach allen Seiten und bis heute aktuell, wie die Verkaufszahlen seiner Werke - insbesondere des Nachdrucks der "Fackel" - beweisen. Friedrich Rothe zeichnet das lebendige Porträt eines Widerspruchsgeistes, dessen Bedeutung für die Geistesgeschichte des 20. Jahrhunderts kaum überschätzt werden kann.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 12.02.2004

Hans Christian Kosler schätzt Friedrich Rothes undogmatische Biografie von Karl Kraus, die den Vorteil hat, aus großem geistigen Abstand geschrieben worden zu sein. Somit werde der legendäre und umstrittene Wiener Kultur- und Sprachkritiker von einem weltfremden Außenseiter und Opfer eigener strenger Maximen", als der er bisher galt, zu einer "Gestalt aus Fleisch und Blut". Rothes Verdienst bestehe trotz der Verwendung neuer Quellen und Materialien nicht in neuen Forschungsergebnissen, sondern in einer "unkonventionelleren" Gewichtung der vorhandenen Erkenntnisse und einem "effektiveren Umgang mit Fakten und Zahlen". Somit werde das ikonenhafte Karl-Kraus-Bild entzerrt und etwa sein "blauäugiges" Engagement für Herwarth Walden, Kraus' Unfähigkeit, seine privaten wie geschäftlichen Partner richtig einzuschätzen oder sein "pubertärer Enthusiasmus" erstmals thematisiert. Koslers zurückhaltendes Fazit kann man auch als Ritterschlag lesen. "Rothe hat das gebotene getan und den 'Diener am Wort' gegengelesen, wie es sich jeder Journalist gefallen lassen muss."

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 09.10.2003

Die Bezeichnung "Biografie", die der Verlag dem Buch angeheftet hat, findet Willi Jasper etwas "irreführend", denn dem Autor gehe es im vorliegenden Werk nicht um eine vollständige Lebensbeschreibung von Karl Kraus, sondern vielmehr um Kraus als Herausgeber und Verfasser der Zeitung "Fackel", die 1899 erstmals erschien. Jasper findet es nicht immer leicht, sich durch das "Labyrinth" von Quellentexten und Erörterungen hindurch zu finden. Auch die Kapitelüberschriften können seiner Ansicht nach den Text nicht gliedern. Trotzdem sei Rothe nicht nur ein "erregendes Zeitbild", sondern zudem ein lebendiges Porträt Kraus' gelungen, lobt der Rezensent nachdrücklich. Er findet es bewundernswert, dass Rothe nicht der unbequemen Frage ausweicht, ob Karl Kraus ein "jüdischer Antisemit" gewesen ist, wie ihm mitunter vorgeworfen wurde. Alles in allem, so Jasper abschließend, bleibt Kraus ein "stiller, ein schwieriger Klassiker", und er rechnet es dem Autor als "Verdienst" an, ihn mit seinem Buch wieder "zum Reden gebracht" zu haben.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 29.08.2003

Rezensent Burkard Müller zeigt sich reichlich enttäuscht von Friedrich Rothes Biografie über Karl Kraus. Zwar hält er ihm zugute, "gewisse Standards" einzuhalten und alles in allem "ordentlich" zu arbeiten. Doch das ist Müller zu wenig. Schon den Untertitel "Die Biografie" findet er "irreführend und anmaßend", denn da gibt es seines Erachtens wesentlich bessere Biografien über Kraus. Allgemein moniert er das "unglückliche Mittelformat" von Rothes Arbeit: wer schon einigermaßen über Kraus Bescheid wisse, dem sage sie nichts Neues, wer ihn nicht kenne, der werde wenig damit anzufangen wissen. So zeuge sein Buch weder vom "Geist der Liebe" noch von besonderer "intellektueller Anstrengung". Generell erscheint Müller die Figur des Karl Kraus bei Rothe "ziemlich platt" angelegt und von Klischees bestimmt. Für "halbwegs originell" hält er Rothes Darstellung von Kraus sympathischen Umgang mit Frauen. Wobei er ihm allerdings gleich wieder vorwirft, die Schattenseiten dieser "einzigartigen Persönlichkeit" zu ignorieren, etwa das "Menschenfresserische" am Satiriker Kraus oder das "Inkommensurable" seines Hasses. Ärgerlich findet Müller auch die "bedenklich vielen" Fehler, die Rothe beim Zitieren unterlaufen, und die fehlende Bibliografie.
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