Georg Franck

Mentaler Kapitalismus

Eine politische Ökonomie des Geistes
Cover: Mentaler Kapitalismus
Carl Hanser Verlag, München und Wien 2005
ISBN 9783446206878
Kartoniert, 286 Seiten, 23,50 EUR

Klappentext

Der Werbung und den Medien können wir nicht mehr entkommen. Aber was bedeutet das für uns? Der öffentliche Raum verwandelt sich zunehmend in eine gigantische Werbefläche für Produkte aller Art. Die ästhetischen und politischen Konsequenzen sind überhaupt noch nicht abzusehen. Georg Franck beschreibt zum ersten Mal die Welt unter der Herrschaft dieses mentalen Kapitalismus.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 08.12.2005

Als "Erweiterung und Vertiefung" seiner "Ökonomie der Aufmerksamkeit" versteht Georg Franck das vorliegende Buch, erklärt der Rezensent Hans-Peter Kunisch eingangs und kommt kurz auf Francks These zurück, nach der Aufmerksamkeit die "neue Währung" der Marktwirtschaft darstellt. Doch während Franck diese These durch die Entwicklung bestätigt sieht, und sie eher noch radikalisieren möchte, befallen den Rezensent Zweifel ob ihrer Gültigkeit, hat doch zwischenzeitlich die traditionelle Wirtschaft einer der Aufmerksamkeitsherrschaft entgegengesetzte Richtung eingeschlagen. Franck seinerseits reagiere auf neue Entwicklungen mit einem nur wenig veränderten Tonfall. Was aber hat dieses Buch über die trotz großer und ständiger Aufmerksamkeit anhaltende Arbeitslosigkeit zu sagen, fragt der Rezensent und erklärt es für legitim, diese Frage an ein Buch zu richten, das sich der Aktualität und dem Zeitgeist verpflichtet sieht. Am Ende entsteht beim Rezensenten der Eindruck, dass sich das Buch "in der Vertiefung seines fruchtbaren Ansatzes festbohrt, statt sich über ein paar notwendige Erweiterungen Gedanken zu machen."

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 07.12.2005

Den von Georg Franck geprägten Begriff der "Aufmerksamkeitsökonomie" zählt Rezensent Martin Hartmann zu den Schlagworten wie "Risikogesellschaft" oder "neue Unübersichtlichkeit", die man verwenden kann, ohne Bezug auf den Inhalt der Bücher zu nehmen, in denen sie erstmals auftauchten. Mit vorliegendem Buch über den "mentalen Kapitalismus" knüpft Frank nach Ansicht Hartmanns ausdrücklich an diese Studie an. Wie er darlegt, geht es Franck um die Beschreibung eines immateriellen Kapitalismus, dessen Hauptwährung die Kategorien Aufmerksamkeit und Beachtung sind, die wie Geld funktionieren. Franck zeige, dass keine tieferen Gründe für die Aufmerksamkeit nötig seien. Beachtet werde, der schon Beachtung habe, nicht der, der Beachtung auch verdiene. Hartmann erwähnt, dass Franck diese Mechanismen am Beispiel der Wissenschaften und insbesondere der Massenmedien verdeutlicht - wie bereits in seinem Vorgängerbuch. Für substanziell neu hält er dagegen die Kritik am an Bourdieus Kapitalbegriff und die ausführliche Behandlung der Architektur. Dass Franck allerdings sachlich in allen Punkten recht hat, bezweifelt Hartmann, und moniert in diesem Zusammenhang vor allem dessen oberflächliche Psychologie.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 19.10.2005

"Extrem lesenswert" findet Robert Misik zwei Neuerscheinungen, die sich mit der Kultur als Triebfeder der Ökonomie befassen: Joseph Heath' und Andrew Potters "Konsumrebellen" sowie Georg Francks "Mentaler Kapitalismus". Francks These lautet, dass wir an einer ökonomischen Epochenwende stehen: Die viel beschworene "Verdinglichung der Kultur" schlägt in ihr Gegenteil um, erläutert Misik, in die "Kulturalisierung aller Dinge", in eine Ökonomie der Aufmerksamkeit. Reich ist demnach derjenige, erklärt Misik die neuen Akkumulationsgesetze, der viel Beachtung erfährt, vornehmlich in den Medien. Deren Rolle ist auch deshalb so bedeutsam geworden, weil sie laut Franck nicht nur "Werbeumfeld" sind, sondern - etwa im Fall des Anchorman - die Aufmerksamkeit der Zuschauer stabilisieren. Viele "hübsche" Beobachtungen hat Misik in diesem Buch gefunden, gut gefallen hat ihm auch Francks Befund, dass die Aufmerksamkeitsökonomie "abweichendes Verhalten" sanktioniert: "Leute", übersetzt Misik dies, "die früher in die Klapsmühle gewandert wären, kommen heute ins Fernsehen."

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 18.10.2005

Wie der Rezensent Ludger Heidbrink feststellt, spinnt Georg Franck die von ihm in seinem letzten Buch entwickelte These des "mentalen Kapitalismus" hier fort. Franck gehe davon aus, dass es zunehmend die einem Produkt zuteil werdende Aufmerksamkeit sei, die dessen Wert (sprich: Marktwert) bestimme - eine Dynamik, aus der sich "neue Formen der Entfremdung, Ausgrenzung und Ungleichheit" ergeben. Dies gelte laut Franck vornehmlich für den Kulturbetrieb, der sich getreu den kulturkritischen Prophezeiungen von Adorno und Horkheimer in eine "Mischung aus Sensationslust und Gleichgültigkeit" entwickelt habe. Angesichts der Kränkung, die bei der Marginalisierung wertvoller Kulturprodukte entsteht, und der daraus hervorgehenden Aggressivität, so der Rezensent, möchte Franck eine "Ethik einer wechselseitigen Anerkennung" entwickeln. Doch stellt sich für den Rezensenten die Frage, ob die These des mentalen Kapitalismus nicht einfach als das Produkt einer "Analogiebildung" zwischen geistigen und kommerziellen Waren gelten könne. Hier scheint Franck dem Rezensenten "in seiner Radikalität das Opfer seiner eigenen Theorie zu werden", insofern, als er außer Acht lasse, dass unsere Handlungen zu allererst für uns selbst einen Wert besitzen, und dass Aufmerksamkeit sich auch tatsächlich der Tat verdanken könne.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 18.10.2005

Jens Bisky versichert, Georg Francks Essay "Mentaler Kapitalismus" gern gelesen zu haben. Gleichwohl ist ihm nicht recht klar geworden, was die Gewinne der Franck'schen Untersuchungen sind. Der Professor aus Wien argumentiert, das konzediert Bisky ohne Umschweife, "einfallsreich und schlau im besten Sinne", verlässt sich auf die "bewährten Kategorien der politischen Ökonomie und die Verfahren der Kulturanalyse". Die im Stadtbild allgegenwärtigen Kameras hat er als Aufmerksamkeitsrelais ebenso im Blick wie die Kanäle des Privatfernsehens. Doch das macht die "Schwäche des Buches" nicht wett, und diese beschreibt der Rezensent bündig in einem Satz: "Es behauptet viel und verzichtet zu oft auf Beschreibung." So sind während der Lektüre des Werkes auch im Kopf des Rezensenten Fragen über Fragen entstanden, die Bisky nun vor dem Leser ausbreitet. Doch dem Kernproblem - ob nämlich die Aufmerksamkeit tatsächlich eine Ware ist und ob sie denselben Prozessen unterworfen ist wie jede andere Ware - vermochte Bisky sich nach eigener Aussage noch nicht substanziell anzunähern, allen klugen Anregungen Francks zum Trotz.
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