Gerhard Roth

Der Berg

Roman
Cover: Der Berg
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2000
ISBN 9783100666123
Gebunden, 310 Seiten, 20,35 EUR

Klappentext

Viktor Gartner ist Journalist und gibt vor, einen Reisebericht über den Berg Athos und die griechisch-orthodoxen Klöster dort schreiben zu wollen. Tatsächlich aber hat Gartner erfahren, daß sich im Kloster Chilandar der serbische Dichter Goran R. aufhält, den er während des Krieges in Bosnien kennengelernt hatte. Goran R. soll unfreiwillig Zeuge eines Massakers geworden sein, wie es General Mladic in Srebrenica verübte. Gartners Suche nach Goran R. wird von erschreckenden und verwirrenden Zwischenfällen begleitet.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 25.05.2000

Für Roths bislang "politischstes Buch" hält Uwe Schütte seinen neuesten Roman "Der Berg", der in verschiedener Hinsicht Roths Bemühungen um die Aufarbeitung österreichischer Vergangenheit und Selbstbefindlichkeit fortsetzt. Zugleich könne man ihn aber auch als Parallelunternehmen zu Peter Handkes Versuch eines eher literarischen Diskurses über die Konflikte des Balkans verstehen. Roth bedient sich dabei der Gattung des amerikanischen Thrillers, der halbauthentische Ereignisse mit einer fiktiven Geschichte verbindet. Ein österreichischer Journalist sucht nach einem serbischen Dichter, der angeblich Zeuge eines Massakers an bosnischen Muslimen geworden ist. Diese Suche führt ihn auf die Mönchsinsel Athos, die Schütte als "Zeitinsel" und zugleich "Zerrspiegel" der österreichischen Gesellschaft interpretiert. Roth arbeitet laut Schütte die Rolle eines literarischen Berichterstatters heraus, der keineswegs auf einfache oder gar "medienkompatible Antworten" stößt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 13.04.2000

Was Beatrice von Matt an diesem Band am meisten gefällt, ist etwas, was das Lesen nicht gerade einfacher macht: die Unklarheit über "Gut und Böse" nämlich. Das findet sie besonders deswegen erstaunlich, weil der Roman ja durchaus auch Züge eines Thrillers trägt. Aber dass die Fragen nach Schuld und Moral hier nicht mit einfachen Sätzen beantwortet werden, hat für sie durchaus großen Wert. Den Leser nämlich rege dies unweigerlich zu eigenem Nachdenken an. Aber auch der Erzählstil Roths hat es ihr spürbar angetan. Die Schilderungen des Verfalls, in denen üble Gerüche, menschliche Absonderungen und Fäulnis eine große Rolle spielen, erinnern sie an Werke von Hofmannsthal, Rilke und Jonke. Zwar wirft von Matt dem Autor bisweilen Langatmigkeit vor, doch dass hier immer wieder die Frage nach dem Umgang (auch der Medien) mit Verbrechen gestellt wird, und dies auch in einem erzählerisch aufregenden Stil, macht den Roman für sie zu einer außerordentlich Gewinn bringenden Lektüre.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 22.03.2000

Heribert Hoven zählt Gerhard Roth in seiner Kritik zusammen mit Peter Handke zu jenen österreichischen Autoren, die über die Katastrophen im benachbarten Balkan zutiefst verstört seien. Detailliert schildert der Rezensent in seiner ausführlichen und sehr begeisterten Kritik die "kriminalistischen Verwicklungen", die Roth entwirft, um sich mit diesen Geschehnissen auseinanderzusetzen - so ganz kommt der Rezensent damit allerdings nicht zu Rande und vergisst am Ende mitzuteilen, ob sich die Wirrnis auch irgendwie in eine Einsicht erhellt. Hoven kennzeichnet den Roman zwar als eine "Schule des Sehens", spricht dann aber mit Vorliebe über Roths "fotografischen Realismus in den Details", ohne klar zu machen, welche Lehren Roth daraus nun für das Ganze zieht. Vielleicht, so denkt man bei der Lektüre des Artikels, liegt der Reiz des Romans doch mehr in seinem Rätselcharakter. Nichts scheint der Journalist und Held des Romans, der nach dem verschollenen serbischen Dichter Goran R. forscht, wirklich herausfinden zu können, nicht einmal ob das Massaker an Bosniern in der Stadt S., dessen Augenzeuge der Dichter gewesen sein soll, nun wirklich stattgefunden hat - da hätte man von Hoven eine Mitteilung gewünscht, auf welches Massaker in Bosnien Roth anspielt. Falls er Srebrenica meint, so könnte man Roth in Kenntnis setzen, dass es für dieses Massaker erdrückende Beweise gibt.
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