Hans Löffler

Letzte Stunde des Nachmittags

Roman
Cover: Letzte Stunde des Nachmittags
Carl Hanser Verlag, München 2001
ISBN 9783446199842
Gebunden, 256 Seiten, 17,90 EUR

Klappentext

Solveig lebt allein in ihrer Welt, in einem Appartment, hoch über der dunklen Stadt, nur der Hund ist noch da. Sie kreist um Telefon und Anrufbeantworter, sucht Kontakt zur Welt und will ihn doch nicht haben. Kein Wunder, dass jedes Treffen mit einem Mann zum erotischen Spiel wird, das unweigerlich in einer Katastrophe endet.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.10.2001

Ob er anstatt der Lektüre dieser "süffig geschriebenen Liebes- und Mordgeschichte" nicht doch lieber hätte spazieren gehen sollen, fragt sich Michael Kurzke in seiner Kritik. Im Zentrum des Romans steht die Figur Solveig, die einen Mann nach dem anderen gleichsam wie von außen gesteuert umbringt, sei es weil er sie seelisch oder körperlich berührt, erzählt Kurzke. Der Schluss - Solveig heiratet einen adeligen Yachtbesitzer - bleibe offen. Dahinter vermutet Kurzke jedoch keine tiefere Bedeutungsschicht, sondern eher, dass der Autor nicht mehr weiter wusste. Bedeutung vermisst der Rezensent auch bezüglich der allzu gewollten, platten Symbolik: Solveigs Handy als Symbol des Narzissmus, der Trenchcoat stehe für Verschlossenheit und die Pistole für Befreiung. Und die "lyrisch sein wollende Prosa" probe vergeblich Tiefsinn, Romantik entarte zu Schmalz. Als Beleg zitiert der Rezensent Formulierungen wie die folgende: Offene Haare fallen 'wie Meereswogen im leichten, frühen Morgenwind'. Der Rezensent lässt nichts Gutes an dem Roman, höchstens vielleicht seine Botschaft von der "unabwendbaren Grausamkeit des Seins". Aber diese sei bedauerlicherweise alt. Alles in allem ein verbaler Bluff, urteilt Kurzke.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 28.06.2001

Kein ganz junges Talent, dieser Autor. Doch das Buch, erklärt uns der Rezensent, ist spannend wie ein Thriller, zugleich getragen wie ein Gedicht. Es sind die Geduld des Autors auf seinem Weg und seine Zielstrebigkeit, die Stefan Berkholz auf die Folter gespannt haben. Die abgebildete Großstadt-Tristesse nämlich hat von Anbeginn etwas Bedrohliches: "Die Angst ist das bestimmende Thema. Angst vor Berührung, vor Verletzung, Lebensangst, Todesangst." Hinzu kommt für Berkholz, dass der ganze Text doppelbödig ist, die Satzgefüge verknappt, irritierend. Und ein offenes Ende: "Ein wunderliches, tiefgründiges, ein philosophisches Buch."

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 21.03.2001

Thriller und Psychogramm, das sind zwei Kategorien, die häufig in einem Atemzug genannt werden, so auch hier in Thomas Krafts Besprechung von Hans Löfflers Roman, der kein echter Thriller sein soll, sondern das Gefühlsleben einer vereinsamten jungen Frau aus dem Mittelstand auslote, die sich bedroht fühlt und die sie vermeintlich bedrohliche Männer umbringen lässt. Löfflers Sprache ist suggestiv in ihrer Mischung aus knapper Regieanweisung und lyrischem Ton, schreibt Kraft, spannungsgeladen und detailliert im Beschreiben von Stimmungen, die der Autor wie ein Maler entwerfe. Für ihn ist die Geschichte nachvollziehbar, in sich stimmig und nicht kitschig, von "großer poetischer Kraft", der nachzuhorchen sich lohnt, wie der Rezensent empfiehlt - nur mit dem Schluss, der der Protagonistin die Rückkehr in ein bürgerliches Leben beschert, zeigt er sich gar nicht einverstanden.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 21.03.2001

Nicht so richtig gelungen findet Verena Auffermann Hans Löfflers neuen Roman, auch wenn er Potential besitze. Sein Stil gefällt ihr an manchen Punkten: "Er kann überhaupt sehr gut schweigen und ins Nebensächliche zwischen Zehenspitze und Zigarettenkippe abschweifen". Seinen Ansatz, den Rhythmus, dem er folgt, und Löfflers Erzählton vergleicht sie mit Marguerite Duras Prosa: "dieser kurze schwebende Rhythmus ist verführerisch". Die erzählerische Umsetzung findet die Rezensentin aber an einigen Punkten ungeschickt, sie bemängelt die Überspanntheit der Erzählung und die daraus resultierenden gelegentlichen Abstürze in den Kitsch. Auch die Protagonistin, eine moderne Frau, die scheinbar im Leben steht, in Wirklichkeit aber an den Männern leidet und Schmerz sucht, empfindet sie als Kunstprodukt. Ihr Fazit: als Drehbuch würde Löfflers Erzählung besser funktionieren.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 15.03.2001

Für Stephan Krass gehört der Autor des Buches zu jenen "größeren Vögeln", die, wie er sagt, ihre Bahnen über den Revieren eines Literaturmarktes ziehen, der von dem aufgeregten Geschrei des gefiederten Jungvolks erfüllt sei. Gefallen hat dem Rezensenten vor allem die Sicherheit, mit der dieser Autor die erzählerischen Mittel einzusetzen weiß. Inmitten einer subversiven Bildkraft, in der Krass den urbanen Rhythmus des expressionistischen Metropolenromans ebenso gegenwärtig findet wie die strenge Ästhetik des film noir, einer sparsamen Rhetorik und eines präzisen Timings, so heißt es hier, treibe eine lautlose Dramaturgie die Handlung voran. Diese aber kreist ihrerseits über den Abgründen der Stille. Ein literarisches Ereignis, meint Krass.