J. M. Coetzee, Arabella Kurtz

Eine gute Geschichte

Ein Gespräch über Wahrheit, Erfindung und Psychotherapie
Cover: Eine gute Geschichte
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2016
ISBN 9783100025487
Gebunden, 256 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Reinhild Böhnke. Wir alle erzählen Geschichten - Schriftsteller alleine für sich, wir für andere, gemeinsam mit einem Therapeuten, um das Rätsel unserer Biografie zu lösen. Wir sind von Geschichten umstellt und spinnen sie in einem fort. Doch steckt überhaupt eine Wahrheit hinter den Varianten, Versuchen, Projektionen? J. M. Coetzee geht in seinem Austausch und Briefwechsel mit der Psychotherapeutin Arabella Kurtz diesen Fragen nach. Ausgehend von seiner eigenen Arbeit, mit Exkursen zu Dostojewskij und Cervantes sowie Rückgriffen auf das eigene Leben, diskutieren sie Antworten in dem von Sigmund Freud und Melanie Klein abgesteckten Feld.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 30.06.2017

Im Wesentlichen ist Rezensentin Angela Schader mit J. M. Coetzee und Arabella Kurtz' Gesprächsband über Wahrheit, Erfindung und Psychotherapie zufrieden. Dass der Literaturnobelpreisträger und die Psychotherapeutin und Dozentin für Psychologie sich nicht sonderlich stringent an Grundfragen abarbeiten, sondern thematisch ziemlich offen bleiben, geht für die Kritikerin in Ordnung. Während Kurtz neben großer "Sachkompetenz" auch viel "Leidenschaft" für ihren Beruf erkennen lässt, überzeugt Coetzee als "inspirierender Außenseiter", der der Diskussion durch gezielte Fragen immer wieder überraschende Wendungen gibt, lobt Schader. So liest sie etwa interessiert, wie die beiden über Gruppenpsychologie und kollektive historische Schuld diskutieren oder über den Begriff der "Wahrheit" streiten. Dass der Tonfall der seit 2008 geführten Korrespondenz ein wenig "spröde" ausfällt, nimmt die Rezensentin nicht besonders übel.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 03.01.2017

Rezensent Nicolas Freund hat das Gespräch zwischen dem südafrikanischen Schriftsteller J. M. Coetzee und der britischen Psychoanalytikerin Arabella Kurtz mit Gewinn gelesen. Mit der Entscheidung des deutschen Verlags, die Psychoanalyse aus dem Untertitel zu streichen, ist der Kritiker zwar nicht zufrieden: Immerhin kreisen Coetzee und Kurtz in den elf verschiedenen Diskussionen gerade um die Verbindung von Geisteswissenschaften, Literatur und eben Psychoanalyse, informiert der Rezensent. Bewundernd stellt Freund zudem fest, wie es den beiden Autoren gelingt, akademische Allgemeinplätze, etwa zum Wahrheitsgehalt von Lebensgeschichten, lebendig und tiefsinnig zu hinterfragen. Und wenn der Kritiker liest, wie Kurtz und Coetzee über Gruppenhalten diskutieren, findet er diesen Band geradezu "gespenstisch aktuell".
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Rezensionsnotiz zu Die Welt, 12.11.2016

Gisela Trahms hält die Begegnung des Schriftstellers J. M. Coetzee mit der Psychotherapeutin Arabella Kurtz in Briefen für eine reizvolle Konstellation. Die Rollenverteilung scheint Trahms deutlich: Hier die junge weise Therapeutin, dort der ältere, jedoch auf dem Gebiet der Therapie laienhafte Autor; das Ziel beider: die gute Geschichte. Die um die Frage nach der Erzählbarkeit der eigenen Biografie kreisende Korrespondenz besticht laut Trahms durch die analytische Fähigkeit Coetzees, scharfsichtige Aussagen zu Schuld und Sühne und seine Bereitschaft, Persönliches preiszugeben und mit seinen Gefühlen nicht hinterm Berg zu halten. Kurtz begegnet ihr im Buch klug und warmherzig und anders als ihr Gesprächspartner ohne Verlangen nach einer überirdischen Instanz. Auch wenn der Band nicht mit "handlichen" Ergebnissen aufwarten kann, wie die Rezensentin einräumt, berührende Einsichten und Formulierungen biete er allemal.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 29.10.2016

Katharina Granzin kann Leben und Literatur auf neue Weise zusammendenken mit J. M. Coetzees und Arabella Kurtz' Gesprächsbuch. Ausschlaggebend dafür ist für Granzin, wie unterschiedlich die beiden Autoren, er Schriftsteller, sie Psychotherpeutin, Themen wie die Bedeutung des Geschichtenerzählens oder die Frage nach dem Ich angehen. Sie möglichst objektiv, fachlich, er subjektiv, unter Verwendung von eigenen Erlebnissen und Prägungen. Herauskommt dabei kein Sach- oder Fachbuch, das Fragen beantwortet, meint Granzin, sondern ein offener Text, der es den beiden Gesprächspartnern ermöglicht, extensiv ihre Gedanken zu entwickeln und der bei der Leserin idealerweise Fragen aufwirft.