Jakob Arjouni

Cherryman jagt Mr. White

Roman
Cover: Cherryman jagt Mr. White
Diogenes Verlag, Zürich 2011
ISBN 9783257067552
Gebunden, 168 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Achtzehn Jahre, Ostdeutscher, arbeitslos, Nazimitläufer der Stoff, aus dem ein deutscher Held ist? Wie viel Gewalt erlaubt die Notwehr? Und wie schmutzig darf man sich die Hände machen beim Griff nach dem Glück?

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.04.2011

Rezensent Daniel Haas hält dem Roman zugute, ein in den letzten Jahren in den Hintergrund geratenes Problem zu thematisieren: den Rechtsextremismus in der ostdeutschen Provinz. Der Rezension ist zu entnehmen, dass die Geschichte des jungen Rick, der mit neofaschistischen Fallstricken zu kämpfen hat, auf der Ebene einer aus Ricks Phantasie geborenen Comicstory reflektiert wird: Die titelgebenden Figuren Cherryman und Mr. White, Superheld und Superschurke, antizipieren und radikalisieren den Konflikt, in den sich Rick verwickelt findet. "Mit der Kettensäge" beantworte Jakob Arjounis Roman dergestalt Fragen nach der Umgangsweise mit demokratiezersetzenden Elementen, wie der Rezensent meint. Gleichzeitig hält er das geschilderte Szenario für überaus realistisch und unterfüttert diese Auffassung mit statistischem Material zu ostdeutschem Wahlverhalten. Insgesamt bewertet Haas das Buch als "literarisches Korrektiv fürs gängige Gesellschaftsbild". Er lässt jedoch etwas offen, ob er die künstlerische Leistung ebenso wertschätzt wie die politische.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 12.04.2011

Jakob Arjounis Roman hebt in den Augen von Christoph Schröder ganz gut an: Der ausgewiesene Spezialist für Sozial- und Milieustudien lässt einen elternlosen Brandenburger Jugendlichen für eine Gärtnerlehre in die Neonaziszene geraten. Und der Rezensent lobt auch, dass der Autor durchaus versiert seine Figuren zwar typisch, aber eben nicht stereotyp zeichnet. Die Interaktionen dieser Figuren sind Schröder dann aber doch zu absehbar. Als überzeugend wiederum lobt er die Erzählperspektive des Jugendlichen - der schildert die Ereignisse, die in Berlin auf ein blutiges Ende zulaufen in Briefen einem Polizeipsychologen. Insgesamt aber findet der Rezensent, dass Arjouni in seinem Roman zuviel unterzubringen versucht, Sozialdrama, Krimi und dazu noch eine blass bleibende Liebesgeschichte. Und so bleibt von seiner anfänglichen Eingenommenheit nur ein recht ernüchtertes "gut gemeint" übrig.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 17.03.2011

Rezensent Andreas Fanidazeh hat viel übrig für Jakob Arjouni, der bereits 1985 den ersten deutsch-türkischen Privatdetektiv erfunden und sich auch nach 1989 als hartnäckiger Kosmopolit profiliert hat. Als solcher thematisiert er in seinem Roman "Cherryman jagt Mr. White" zum wiederholten Male die in den Neonazismus abgleitende ostdeutsche Provinz, wie der Rezensent anerkennend notiert. Fanidazehs Urteil über dieses spezielle Buch fällt jedoch knapp aus: "schnell, elegant, leichtfüßig" und "humorvoll". Immerhin erhalten wir eine längere Inhaltsangabe: Schauplatz ist das erfundene Storlitz, ein tristes Kaff im Berliner Speckgürtel. Held des Romans ist der Waisenjunge Rick Fischer, der von einem Leben in der Großstadt träumt und sich behelfsmäßig in die Fantasiewelten gekaufter wie auch selbstgezeichneter Comics flüchtet. Für seine vier halbstarken Gegenspieler wird er zum Lieblingsopfer. Die physische wie auch seelische Gewalt, die der Protagonist erleidet, verfolgt ihn bis nach Berlin und treibt ihn schließlich zurück nach Storlitz. Den genauen Ausgang des Showdowns verrät der Rezensent nicht.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 16.03.2011

Seinen Reiz bezieht der jüngste Roman Jakob Arjounis unter anderem aus der umgekehrten Anordnung der kriminalistischen Elemente (unbekanntes Opfer, bekannter Täter) und der Verknüpfung gekonnter Unterhaltung mit philosophischem Tiefgang, so Franziska Balbus in einer etwas braven Rezension. Mit dem achtzehnjährigen Rick hat sich der Autor einen reflektierten "idealen Täter" geschaffen, der die Bedingungen für seine Tat in Briefen an den Kriminalpsychologen praktischerweise gleich selbst offenlegt. Damit verbunden ist auch die moralische (und unlogische) Frage, um welchen Preis menschliches Leben gegen ein anderes aufgewogen werden kann, die der Autor offen lässt, wie die Rezensentin verrät.