Joshua Cohen

Die Netanjahus

Roman
Cover: Die Netanjahus
Schöffling und Co. Verlag, Frankfurt am Main 2023
ISBN 9783895616242
Gebunden, 288 Seiten, 25,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Ingo Herzke. Winter 1959-1960: Ruben Blum ist Historiker und der einzige Jude am nördlich von New York gelegenen Corbin College. Wie er immer wieder betonen muss, ist er deswegen jedoch noch lange nicht auf die Geschichte des Judentums festgelegt. Am liebsten würde er sich auch vor der heiklen Kommission drücken, bei der es um die Bewerbung eines Kollegen aus Israel geht, doch der Dekan hat ihn zur Teilnahme verdonnert. Da dieser Ben-Zion Netanjahu gleich seine ganze Familie zum Vorstellungsgespräch mitschleppt, wird Blum auch noch unfreiwillig zum Gastgeber. Die Netanjahus mit ihren drei verzogenen Söhnen fallen in sein Haus ein wie eine Plage, und bald gerät Blums mühsam errungene Akzeptanz im amerikanischen Mainstream in Gefahr.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 13.03.2023

Ein witzig-diabolisches Buch hat Rezensent Roman Bucheli mit Joshua Cohens "Die Netanjahus" gelesen. Die Handlung spielt 1959/60 im Bundesstaat New York. An die Universität von Historiker Ruben Blum kommt der israelische Wissenschaftler Benzion Netanjahu, dessen Figur dem Vater des israelischen Ministerpräsidenten nachempfunden ist. Die Geschichte beruht teilweise auf realen  Ereignissen, erklärt Bucheli. Schon hier zeigt sich der Roman als "irrlichternde Kippfigur", so der Rezensent, indem er mit der Schilderung vergangener Ereignisse auf die politische Gegenwart abzielt. Die Netanjahus stürzen die Familie von Cohens Hauptfigur Ruben Blum in völliges Chaos, dabei lässt der Autor kein Klischee über das Jüdischsein aus, die er mit Vergnügen ins Groteske überführt, schreibt Bucheli. Cohen lässt keinen Zweifel über seine Ablehnung der aktuellen israelischen Politik, wenn er Benzion als "Vordenker eines identitätspolitisch begründeten Zionismus" inszeniert, den Sohn Benjamin als dessen "rabiaten Vollstrecker". Der Roman entfaltet eine enorme Komik, allerdings sieht der Rezensent hinter dem Humor eine etwas schlichte Deutung komplizierter politischer Verhältnisse.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 09.03.2023

Joshua Cohens Roman, der 2022 den Pulitzer-Preis erhielt, ist ein "gedankenreiches, brillantes" Buch, so Rezensent Rainer Moritz. Gekonnt spielt der Autor mit Realität und Fiktion, wenn er die Geschichte um den jüdischen Wissenschaftler Ruben Blum erzählt, dessen Leben durcheinandergewirbelt wird als der provokante jüdische Historiker Benzion Netanjahu an eine Provinzuniversität eingeladen wird. Dabei suggeriert der Roman auf gewitzte Weise, er würde die reale Geschichte der Familie Netanjahu erzählen, schreibt der Kritiker, denn für den Historiker Benzion stand recht offensichtlich der erzkonservative Vater des israelischen Ministerpräsidenten Pate. Moritz amüsiert sich über Cohens Hang zum Slapstick, der verhindere, dass sich der Roman zu sehr in historischen Exkursen verliere. Verdient findet Moritz die von der Kritik gezogenen Parallelen zu Philip Roth, alles in allem ein "Feuerwerk von einem Roman", lobt er.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 31.01.2023

Rezensent Thomas Hummitzsch hält Joshua Cohens Campusroman, der beherzt in die Kiste mit jüdischen Klischees greift, für ein Meisterwerk. Mit den Netanjahus hat das Buch dabei laut Rezensent nicht zuallererst zu tun, sondern es erzählt von einem möglicherweise an den Shakespeare-Forscher Harold Bloom angelehnten Ich-Erzähler namens Blum und davon, was jüdische Diaspora in den USA bedeutet. Eine souverän verfasste Satire voll jiddischem, von Ingo Herzke gekonnt übertragenem Wortwitz, freut sich Hummitzsch.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 26.01.2023

Rezensent Carsten Hueck hat sich wunderbar amüsiert mit diesem Campusroman, der im Jahr 1960 zwei Juden als Professoren an einer amerikanischen Provinzuni aufeinander treffen lässt: Ruben Blum, der auf abfällige und antisemitische Anwürfe "im Stile Jesu Christi" reagiert, wie Hueck den Autor zitiert. Und Ben Zion Netanjahu, ein radikaler Zionist, der dem Vater des israelischen Ministerpräsidenten nachempfunden sei. Die Netanjahus ziehen bei den Blums ein und verursachen ein slapstickreifes Chaos, so der hingerissene Kritiker, der das mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnete Buch in der Tradition von Bellow, Malamud und Roth verortet.