Julie Otsuka

Wovon wir träumten

Roman
Cover: Wovon wir träumten
Mare Verlag, Hamburg 2012
ISBN 9783866481794
Gebunden, 160 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Katja Scholtz. "Auf dem Schiff waren die meisten von uns Jungfrauen." So beginnt die berührende Geschichte einer Gruppe junger Frauen, die Anfang des 20.Jahrhunderts als Picture Brides von Japan nach Kalifornien reisen, um japanische Einwanderer zu heiraten. Bis zu ihrer Ankunft kennen die Frauen ihre zukünftigen Männer nur von den strahlenden Fotos der Heiratsvermittler, und auch sonst haben sie äußerst vage Vorstellungen von Amerika, was auf der Schiffsüberfahrt zu wilden Spekulationen führt: Sind die Amerikaner wirklich behaart wie Tiere und zwei Köpfe größer? Was passiert in der Hochzeitsnacht? Wartet jenseits des Ozeans die große Liebe? Aus ungewöhnlicher, eindringlicher Wir-Perspektive schildert der Roman die unterschiedlichen Schicksale der Frauen: wie sie in San Fransisco ankommen (und in vielen Fällen die Männer von den Fotos nicht wiedererkennen), wie sie ihre ersten Nächte als junge Ehefrauen erleben, Knochenarbeit leisten auf den Feldern oder in den Haushalten weißer Frauen (und von deren Ehemännern verführt werden), wie sie mit der fremden Sprache und Kultur ringen, Kinder zur Welt bringen (die später ihre Herkunft verleugnen) - und wie sie nach Pearl Harbor erneut zu Außenseitern werden.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 29.11.2012

Rezensentin Susanne Mayer hat sich mit der japanisch-amerikanischen Autorin Julie Otsuka über ihren Roman "Als wir träumten" unterhalten, der von den sogenannten "Picture brides" erzählt, die vor fast einem Jahrhundert nach Amerika kamen. Insbesondere die Erzählweise hat die Rezensentin beeindruckt, denn jede der jungen Japanerinnen, von der die Autorin schreibt, bekommt ihre eigene Stimme, wodurch sich ein faszinierendes "Wir" formt, quasi eine "erste Person im Plural". Von der Rezensentin auf die musikalische Struktur ihres Romans angesprochen, bekennt die Autorin, von Steven Reichs Minimal Music inspiriert worden zu sein. Dass auch bei der Schilderung der Internierung japanischer Immigranten nach der Bombardierung von Pearl Habor keinerlei "Empörung" im Roman zu spüren ist, erklärt Otsuka mit ihren japanischen Wurzeln. Mayer zumindest zeigt sich beeindruckt und lässt noch wissen, dass der Roman mit dem renommierten Faulkner Award ausgezeichnet wurde.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 11.09.2012

"Wovon wir träumten" erzählt die Geschichten junger japanischer Frauen, die sich zu Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts nach Amerika einschifften, wo sie ihre Hoffnung auf ein besseres Leben enttäuscht fanden, berichtet Andreas Breitenstein. Die amerikanische Autorin Julie Otsuka erzählt diese Geschichte aus der Perspektive eines Erzähler-Wir; das "wir" der Frauen sei es, was dem Roman "archaisch-magische Kraft" verleihe, findet der Rezensent. Den jungen Japanerinnen seien Ehemänner und Sicherheit versprochen worden, bekommen haben sie - Ehemänner. Breitenstein ist angetan von einem Kniff der Autorin: als die Frauen im Zweiten Weltkrieg durch Pearl Harbor schlagartig wieder zu Fremden in der Gesellschaft werden, schlägt die Perspektive des Erzähler-Wir um, es wird das "wir" der Amerikaner, jetzt aufgeladen mit "Patriotismus und Unbehagen, Rechtfertigung und Schuldbewusstsein". Dank der Übersetzerin Katja Scholz sei dem Buch, trotz seiner offensichtlichen Härte und Schwere, seine Poesie und sein Witz erhalten geblieben, lobt der Rezensent. Besonders freut Breitenstein sich darüber, dass die Autorin den japanischen Frauen durch eine "heimliche Lust an der Subversion" eine kleine Tür zur Erhaltung der eigenen Würde offen gelassen hat.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 24.07.2012

Julie Otsuka hat gewagt und gewonnen, freut sich Rezensentin Judith von Sternburg über "Wovon wir träumten", einen Roman, den sie für brillant und etwas sehr Besonderes hält. Die 1962 geborene Otsuka, Kalifornierin mit japanischen Wurzeln, erzählt darin von japanischen Frauen, die Anfang des 20. Jahrhunderts als so genannte "Fotobräute" nach Amerika kamen, um dort ihnen unbekannte japanische Einwanderer zu heiraten. Das Faszinierende an diesem Roman ist aber nicht die Geschichte, auch wenn Sternburg die schon ganz schön gut findet, und es sind auch nicht die umgekehrten Vorurteile (sehr seltsam diese amerikanische Sitten), es ist die Perspektive, aus der Otsuko erzählt: ein kollektives Wir. Dieses Wir lässt mitunter eine einzelne Person hervortreten, nimmt sie aber immer wieder in sich auf. Leichthändig und virtuos zugleich findet Sternburg dies.
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