Katharina Pistor

Der Code des Kapitals

Wie das Recht Reichtum und Ungleichheit schafft
Cover: Der Code des Kapitals
Suhrkamp Verlag, Berlin 2020
ISBN 9783518587607
Gebunden, 440 Seiten, 32,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Frank Lachmann. Kapital ist das bestimmende Merkmal moderner Volkswirtschaften, doch die meisten Menschen haben keine Ahnung, woher es tatsächlich kommt. Was verwandelt bloßen Reichtum in ein Vermögen, das automatisch mehr Reichtum schafft? Katharina Pistor zeigt in ihrem Buch, wie Kapital hinter verschlossenen Türen in Anwaltskanzleien geschaffen wird und warum dies einer der wichtigsten Gründe für die wachsende Ungleichheit in unseren Gesellschaften ist. Das Recht "codiert" selektiv bestimmte Vermögenswerte und stattet sie mit der Fähigkeit aus, privaten Reichtum zu schützen und zu produzieren. Auf diese Weise kann jedes Objekt, jeder Anspruch oder jede Idee in Kapital umgewandelt werden - und Anwälte sind die Hüter dieses Codes. Sie wählen aus verschiedenen Rechtssystemen und Rechtsinstrumenten diejenigen aus, die den Bedürfnissen ihrer Mandanten am besten dienen. Techniken, die vor Jahrhunderten Landbesitz in Kapital transformierten, dienen heute zur Codierung von Aktien, Anleihen, Ideen und Zukunftserwartungen. Ein großes, beunruhigendes Porträt der globalen Natur dieses Codes sowie der Menschen, die ihn gestalten, und der Regierungen, die ihn durchsetzen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 01.03.2021

Rezensent Daniel Reichert-Facilides wird mitgerissen vom Schwung des Buches von Katharina Pistor. Wie die Autorin darin die Geschichte des Wirtschaftsrechts als Institutionengeschichte erzählt mit Fokus auf der Funktion des Rechts als Bedingung der Vermögensanhäufung, findet der Rezensent lesenswert, wenngleich für den wirtschaftshistorisch bewanderten Leser nicht unbedingt neu. Als weitgehend gut zugänglicher Überblick taugt der Band jedoch, versichert er. Was er laut Rezensent nicht leistet: die differenzierte Herausarbeitung sämtlicher Vor- und Nachteile privatrechtlicher Regulierung in der globalen Marktwirtschaft.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 20.02.2021

Rezensentin Ulrike Herrmann findet es ungerechtfertigt, dass dieses Buch der Juristin und Columbia-Lehrenden Katharina Pistor so gelobt wird. Die Hauptthese, dass das Privatrecht den Kapitalismus hervorgebracht habe, sei schlicht falsch, und sogar Pistors eigener historischer Abriss zeuge davon: Wenn die Autorin Recht hätte, hätte sich schon unter den juristisch versierten Römern Kapitalismus entwickeln müssen, so Herrmann. Außerdem zeige China, dass Gesellschaften, in denen das Privateigentum prekär ist, durchaus ein großes Wirtschaftswachstum erreichen können. Die Kritikerin vermutet, dass Pistors Blick durch die juristische Brille verzerrt wurde.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 18.01.2021

Rechtsgeschichte ist meist recht trockenes Futter, weiß Rezensentin Ursula Weidenfeld, aber bei Katharina Pistor lese sie sich so spannend wie ein Krimi. Denn die an der Columbia University lehrende Juristin zeichnet in diesem Werk nach, erklärt Weidenfeld, wie Kapitalgesellschaften seit Jahrhunderten für sich selbst Rechte und Privilegien setzen, von denen normale Bürger nur träumen können. Möglich macht es das angelsächsische Rechtssystem, in dem nicht geschriebene Gesetze, sondern Präzedenzfälle maßgeblich sind, wodurch Firmenanwälte besonders in London und New York ein Privatrecht haben schmieden können, immer neue Produkte als privates Kapital auszuweisen und so der öffentlichen Sphäre zu entziehen. Mitunter provokant, aber durchweg brillant findet Weidenfeld die Analysen der Autorin, allerdings hätte sich die Rezensentin etwas durchschlagendere Lösungsansätze erhofft.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 15.12.2020

Rezensent Caspar Dohmen empfiehlt das Buch der Rechtsgelehrten Katharina Pistor auch fachfremden Lesern. Zu lernen ist hier laut Rezensent, wie das Privatrecht im Sinne des Kapitals genutzt wurde und wird. Pistors politökonomische Studie geht laut Dohmen zurück zu den englischen Landlords, den Commons und ihrer Vereinnahmung durch den Adel und seine Anwälte und zeigt bis heute reichende rechtliche Kontinuitäten des Kapitals auf. Wie die Trennung von Kapital und Gesellschaft mit staatlicher Hilfe eingeschränkt werden könnte, beschreibt die Autorin in ihrem Buch auch, erklärt Dohmen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 14.12.2020

Es sind die Großkanzleien, erfährt Rezensent Georg Simmerl, die durch raffinierte "Codierung", so der Zentralbegriff der Autorin, Eigentum herstellen, sichern und verschieben. Der beeindruckte Kritiker lernt den Kapitalismus von seiner juristischen Seite kennen - von der rechtlichen Möglichkeit, Land in Kapital zu verwandelt - was zuerst in Großbritannien im 16. Jahrhundert stattfand - bis zur Finanzkrise von 2008, also der Sozialisierung privater Risiken und Schulden in gigantischem Ausmaß. Da seien eben doch alte "Privilegien" am Werke, die für die wachsende Ungleichheit weiterhin sorgten, so erfährt er. Sein Lob gilt der Tatsache, dass diese ausführliche und auch politisch deutliche Darstellung des Systems das System zwar nicht sprengen will, aber immerhin auf gute Weise "für Nicht-Juristen" lesbar ist. Eine sanfte Kritik am Schluss trifft die fehlende Behandlung der Digitalkonzerne. Insgesamt aber empfiehlt er das Buch als "vorbereitende Lektüre" für das Aufräumen nach der nächsten Krise.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.11.2020

Rezensent Florian Meinel versteht die politische Ökonomie der USA besser mit dem Buch der Juristin Katharina Pistor. Deren US-amerikanische Perspektive schärft laut Meinel den Blick für eine dysfunktionale Legislative, gegen die die Autorin mit ihrem Vorschlag zu einer demokratischen Besetzung des Codes des Kapitals anschreibt, wie Meinel erkennt. Wie das Privatrecht die politische Ökonomie bestimmt, laut Meinel schon bei Marx und Weber nachzulesen, erläutert die Autorin für Meinel vergleichbar den Ausführungen über die Globalisierung bei Thomas Piketty. Der Materialreichtum des Buches beeindruckt den Rezensenten mehr als die dargelegte Rechtstheorie und das Springen zwischen Frühmoderne und Gegenwart im Text.
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