Klaus Böldl

Der nächtliche Lehrer

Roman
Cover: Der nächtliche Lehrer
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2010
ISBN 9783100076274
Gebunden, 125 Seiten, 16,95 EUR

Klappentext

In einer kleinen Stadt im hohen Norden von Schweden tritt Lennart eine Stelle als Lehrer an. Er heiratet die Bibliothekarin Elisabeth, die kurz darauf bei einem Unfall ums Leben kommt. Danach wird Lennart vollends zum Einzelgänger, der seine Tage auf einem prähistorischen Grabhügel verbringt und irgendwann seine Arbeit aufgibt. Nur manchmal kehrt er noch nachts in das Schulhaus zurück, wo er umgeht wie ein sanftes Gespenst, das sein Leben sucht.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 20.01.2011

Klaus Böldls Kultivierung der Ereignislosigkeit, wie er sie in seinem Roman um einen schwedischen Lehrer in einem Provinznest praktiziert, findet Meike Fessmann zwar streckenweise durchaus reizvoll. Irgendwann allerdings regt sich in ihr Widerstand gegen die "feierliche Gleichgültigkeit", die auch der Held in seiner ersten und letzten Lehreranstellung zelebriert, wie sie feststellt. Dabei hat sie durchaus Bewunderung für das kühne Unterfangen des Autors, gerade das Austauschbare und nicht Erzählwürdige in seinem Roman herauszustellen. Trotzdem fuchst es sie, dass Böldl so gar nichts von der kurzen Ehe des Protagonisten erzählt und sich lieber in Beschreibungen von Bildern und Landschaften ergeht und dabei auch etliche "Vanitas- und Todesmotive" einstreut. Wenn er dann am Ende seinen Helden zum Erfolgsautor werden lässt und damit einen satirischen Blick auf seine eigene Karriere wirft, macht er es der Rezensentin allerdings auch nicht recht, die das als schweren Formfehler bemängelt.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 04.10.2010

Als Randvermesser bezeichnet Dorothea Dieckmann den Autor. Sehr schön, wie sie Klaus Böldls Kunst beschreibt und uns den Roman, den Erzähler und den Ort der Handlung vorstellt, als Lebensreise, als Jenseits im Diesseits, erschaffen mit einfachen Leitmotiven (Güterzüge, Wetterbericht) und ohne in wuchernde Metaphorik oder Mystizismus abzugleiten. Wie ein junger Lehrer im Nordschwedischen dem Verschwinden der Zeit begegnet und schließlich selbst zum Schulgespenst wird, hat Böldl der Rezensentin in einer Mischung aus Fiktion und Reisebericht überzeugend vermittelt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.09.2010

Klaus Böldls Roman um einen zurückhaltenden Lehrer aus Stockholm, der seine Frau kurz nach der Hochzeit durch einen Unfall verliert und sich mehr und mehr zurückzieht, hat Rezensentin Heinrich Detering tief beeindruckt. Das Werk zeichnet sich in seinen Augen durch eine ruhige Sprache und genaue Wahrnehmung aus, Verzicht auf psychologische und soziale Motive sowie eine "vertrackte Einfachkeit". Böldls Erzählen ist für ihn von "suggestiver Kraft" und hat etwas Beunruhigendes, Irritierendes an sich. Tiefgreifende Umbrüche vollzögen sich hier in "gefährlicher Lautlosigkeit". Detering sieht in der Hauptfigur des "nächtlichen Lehrers" Qulitäten von Adalbert Stifter einerseits und Patricia Highsmith andererseits vereint. Er bescheinigt dem Werk eine "gelassene Unaudringlichkeit" und macht klar: Böldl kann spätestens seit diesem Buch als einer der "besten deutschen Erzähler" gelten.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 28.08.2010

In höchsten Tönen lobt Christoph Schröder das neue Buch von Klaus Böldl, der aus seiner Sicht "vielleicht der meistunterschätzte deutschsprachige Autor der Gegenwart" ist. Denn Böldl komprimiere in seinen Büchern auf wundersame Weise "Prozesse von lebenswichtiger Tragweite" in lakonischen Sätzen von enormer Feinjustierung. Die Geschichte des Lehrers Lennart hat Schröder nun als großes Manifest der Vereinzelung gelesen, als Bekenntnis zum Beharren auf das Recht auf Introspektive. Es ist die Geschichte eines Mannes, der durch einen Unfall eine geliebte Frau verliert, und sich daraufhin von der Welt in die Einsamkeit der Natur (und des Schreibens) zurückzieht. Beeindruckt beschreibt der Kritiker speziell Böldls Schilderungen von Klängen, Gerüchen und Landschaften, vom Befund dieses Buchs (mehr eine Novelle denn ein Roman, wie Schröder meint), dass Erkenntnis nur jenseits dessen zu haben sei, was man Wirklichkeit nenne.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 17.08.2010

Verstört, aber auch ein wenig ratlos hat dieser Roman von Klaus Böldl den Rezensenten Ulrich Rüdenauer zurückgelassen. In einer "unerschütterlichen Abfolge von Lebensmomenten" erzählt Böldl von einem jungen Lehrer namens Lennart, der in die nordschwedische Provinz geht, dort eine Frau findet, sie verliert und alsbald selbst aus dem Leben verschwindet, überzeugt davon, dass man dem Wesen der Natur durch stetes Beobachten näherkomme. Manchmal hat dem Rezensenten der Atem gestockt, so bedrohlich und zwangsläufig erschienen ihm hier die Zeitläufte, und so karg und existenziell schildert Böldl dies. Allerdings weiß Rüdenauer am Ende nicht recht, wofür dieser nächtliche Lehrer letztendlich steht: "Gleichmut oder doch Gleichgültigkeit?"