Kristina Meyer

Die SPD und die NS-Vergangenheit 1945-1990

Cover: Die SPD und die NS-Vergangenheit 1945-1990
Wallstein Verlag, Göttingen 2015
ISBN 9783835313996
Gebunden, 549 Seiten, 42,00 EUR

Klappentext

Aus den Trümmern des 'Dritten Reiches' eine demokratische und sozial gerechte Gesellschaft aufzubauen war das erklärte Ziel der Nachkriegs-SPD. Dafür jedoch waren ihre vielfach aus Haft und Emigration zurückgekehrten Funktionäre auf die Unterstützung von Millionen ehemaliger 'Volksgenossen' angewiesen. Kristina Meyer zeichnet den Umgang der deutschen Sozialdemokratie mit der NS-Diktatur von der Wiedergründung der SPD an bis 1990 nach. Sie fragt nach der Bedeutung von Widerstands- und Verfolgungserfahrungen für das Selbstverständnis und die Außenwahrnehmung der Partei, nach ihrem Beitrag zur politischen, juristischen und gesellschaftlichen Aufarbeitung der nationalsozialistischen Massenverbrechen, aber auch nach ihrer Auseinandersetzung mit Rechtsradikalismus, Neonazismus und Antisemitismus. Der vergangenheitspolitische Weg der SPD in der alten Bundesrepublik erweist sich dabei als eine permanente Gratwanderung: zwischen dem Streben nach gerechter Aufarbeitung der NS-Geschichte und den Bedürfnissen nach 'innerer Versöhnung'.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 30.06.2016

Rezensent Gunter Hofmann zieht den Hut vor Kristina Meyer und bedankt sich für ihr Buch "Die SPD und die NS-Vergangenheit", in dem die Historikerin umsichtig und unverblümt die Widersprüche in der Partei aufrollt, wie der Rezensent verrät. Einerseits setzte sich die SPD zwar aus überdurchschnittlich vielen Regimegegnern zusammen und versprach eine unbedingte Aufarbeitung der NS-Zeit, andererseits wollte sie nach dem Krieg Volkspartei sein und an der Macht teilhaben, musste sich deshalb also auch an Mitläufer und Regimetreue wenden, fasst Hofmann zusammen. Entlang dieser Linie arbeitet sich Meyer durch fünfundvierzig Jahre Bundesgeschichte und immer wieder gelingen ihr dabei ausgewogene Porträts der wichtigen Akteure, lobt der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 28.05.2016

Nicht nur wichtig sei Kristina Meyers vergangenheitspolitische Studie über die SPD, konstatiert L. Joseph Heid, sondern auch hervorragend geschrieben. Nach Ansicht des Kritikers gelingt es der Autorin, die "schwierige Balance zwischen Empathie und kritischer Distanz" zu bewahren und dabei stets überparteilich zu bleiben. Beeindruckt zeigt sich Heid auch von der Fülle an Fakten und Quellen, die Meyer aufgetan hat. Einige mindestens unglückliche, weil jüdische Klischees bemühende Formulierungen des SPD-Nachkriegsvorsitzenden Kurt Schumacher aus dem Herbst 1946 zitiert der Rezensent selbst. Bedauerlich findet Heid nur, dass die Nachlässe von Peter Blachstein, einem SPD-Politiker, der seiner eigenen Partei Antisemitismus vorwarf, nicht im Buch auftauchen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 13.05.2016

Die Jenaer Historikerin Kristina Meyer hat für ihr Buch "Die SPD und die NS-Vergangenheit" Nachlässe, Protokolle, Briefe und viele andere Dokumente durchkämmt, wobei vor allem ein zentraler Widerspruch sichtbar geworden ist, beschreibt der hier rezensierende emeritierte Erziehungswissenschaftler und ehemalige Kommissarische Direktor des Fritz-Bauer-Instituts in Frankfurt Dietfrid Krause-Vilmar: einerseits hatte die Partei großen Zulauf von ehemals Verfolgten, andererseits verstand sie sich als Volkspartei und wollte nach Innen und Außen die Versöhnung befördern, weshalb sie weder gar zu streng mit ihren eigenen Mitgliedern sein noch die vorbelastete Öffentlichkeit vergraulen durfte, erklärt Krause-Vilmar. Er lobt, wie gut Meyer die parteilichen Widersprüche immer wieder auf individuelle Personen und Positionen in der Führungsebene zurückführen kann. Man kann der Sozialdemokratie nur wünschen, dass sie kritische Aufklärung dieser Sorte begrüßt und aufgreift, findet der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.03.2016

Peter Hoeres vermisst mitunter den kritischen, "intellektuell redlichen" Umgang mit unterschiedlichen historischen Standpunkten bei Kristina Meyer. Insbesondere Meyers Verurteilung Ernst Noltes als Holocaustleugner stößt ihm auf. Aber auch der Umstand, dass die Autorin bei ihrem Versuch, die Vergangenheitspolitik der SPD bis 1990 darzustellen, eine quellenkritische Haltung zu Medien wie "Der Spiegel" oder "Die Zeit" vermissen lässt, missbilligt Hoeres. Stark hingegen findet er Meyer, wenn sie anekdotenreich eine versunkene erinnerungskulturelle Welt beleuchtet und die Spannung in der SPD zwischen den Polen Versöhnungsanstrengung und Verurteilung Unbelehrbarer sichtbar macht.
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