Lothar Machtan

Der Kronprinz und die Nazis

Hohenzollerns blinder Fleck
Cover: Der Kronprinz und die Nazis
Duncker und Humblot Verlag, Berlin 2021
ISBN 9783428183944
Gebunden, 300 Seiten, 29,90 EUR

Klappentext

"… wenn ich zum Reichspräsidenten gewählt würde, und ich Hitler zum Reichskanzler mache. Dann habe ich das Heft in Händen" - so träumte der letzte deutsche Kronprinz Wilhelm von Preußen im Januar 1932. Doch war er nicht der einzige Akteur auf der radikalen Rechten, der sich zu Beginn der 1930er Jahre mit den mächtig aufstrebenden Nazis politisch arrangieren wollte. Lothar Machtan spürt dieser Gemengelage informeller Machenschaften mit sensationellem Quellenmaterial nach, ohne die sich nicht begreifen lässt, wie es am 30. Januar 1933 überhaupt zu Hitlers Reichskanzlerschaft kommen konnte. Der Autor lässt die zentralen Akteure aus Ego-Dokumenten direkt zu uns sprechen und kommt damit den Geschehnissen so nah wie möglich. Ein faszinierendes Kammerspiel politischer Kungelei, bei dem der Hauptprotagonist in immer neuen Rollen auftritt und doch unbelehrbar einer Konstanten folgt: der utopischen Vorstellung, mit Hitler den gestürzten Hohenzollernthron wiederaufrichten zu können.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 14.08.2021

Rezensent Paul Hoser nimmt Lothar Machtan seinen Wilhelm nicht ab. Machtans explizite Nähe zum Haus Hohenzollern gibt dem Buch ein Geschmäckle, das für Hoser nicht wegzudenken ist. Dass Machtan nicht unabhängig vorgeht, ist aber nur ein Schönheitsfehler für Hoser. Gravierender sind für den Rezensenten Machtans Ahnungslosigkeit in Sachen NSDAP-Geschichte, seine Lust zur Spekulation und der generelle Mangel an neuen Erkenntnissen im Buch. Machtans von Hoser anerkannte Kenntnis der geschichtswissenschaftlichen Forschung und die Materialfülle des Buches können das für den Rezensenten nicht wettmachen. Für eine Darstellung über Kronprinz Wilhelm und sein Verhältnis zu den Nazis während der Jahre 1930 bis 1935 ist das einfach zu wenig, meint Hoser.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.08.2021

Rezensent Andreas Kilb zeigt sich enttäuscht von Lothar Machtans Studie. Seinem "fanfarenhaften" Gestus wird der Autor nicht gerecht, findet der Rezensent. Denn wirklich Neues zur Rolle der Hohenzollern beim Aufstieg der Nationalsozialisten kann ihm Machtan nicht präsentieren. Kilb kennt die wichtigsten Fakten zur Sache bereits aus Stephan Malinowskis und Peter Brandts Gutachten von 2014. Wie der Autor aus diesem Material und seinen eigenen Recherchen im Privatarchiv der Hohenzollern das Charakterbild eines antidemokratischen Wilhelm von Preußen zeichnet, durchaus kritisch, wie Kilb anerkennt, aber auch in einem moralisierenden Tonfall, haut den Rezensenten nicht um.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 09.08.2021

Rezensent Arno Widmann warnt davor, das Jahr 1932 nur mit Lothar Machtan zu betrachten. Den Untergang der Weimarer Republik könnte der Leser als Kabinettstück missverstehen, als Politik einiger Männer. Dass der Nationalsozialismus eine Massenbewegung war, sollte der Leser daher mitdenken, rät Widmann. Dann macht das Buch auch Freude, verspricht er. Wie Machtan die Intrigenmaschine anwirft, die Verschwörungen um die Reichspräsidentenwahl verfolgt und mit Sinn für Details Entscheidungsprozesse und Hauptakteure darstellt, ist laut Widmann eine wahre Intrigantenposse aus dem Vorzimmer der Macht.

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