Marie-Janine Calic

Tito

Der ewige Partisan
Cover: Tito
C.H. Beck Verlag, München 2020
ISBN 9783406755484
Gebunden, 442 Seiten, 29,95 EUR

Klappentext

Mit 42 Abbildungen und 3 Karten. Josip Broz Tito war der ewige Partisan - ein typisches Geschöpf des Zeitalters der Extreme, welches er persönlich erlebt, erlitten und gestaltet hat. Bei seinem Tod galt er als ein international anerkannter Staatsmann. Heute halten ihn viele für einen brutalen Diktator. Doch was war er wirklich? Marie-Janine Calic lässt die historische Person hinter den Legenden sichtbar werden und erzählt die Geschichte eines abenteuerlichen Lebens, in dem sich Aufstieg und Fall Jugoslawiens spiegeln.
Tito war ein Politiker eigenen Kalibers. Er war Visionär und Pragmatiker, Stratege und Macher, einer, der durch außergewöhnliche Talente und unter ganz besonderen historischen Umständen eine beispiellose Karriere machte. Im Zweiten Weltkrieg befreite er Jugoslawien mit seinen Partisanen aus eigener Kraft von der deutschen Besatzung. Es war die Rolle, in der er ganz bei sich war und die seine langjährige Herrschaft legitimierte. Ohne den ewigen Partisanen hätte es Jugoslawien nach dem Zweiten Weltkrieg wahrscheinlich nicht mehr gegeben. 35 Jahre lang blieb er der unverzichtbare Moderator eines mehr oder weniger gedeihlichen Zusammenlebens. Doch Titos Jugoslawien überlebte seinen Schöpfer kaum eine Dekade, und es folgte ein Gewaltausbruch, wie ihn Europa seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr erlebt hatte. Über Titos Lebenswerk liegt somit der Schatten bitteren Scheiterns.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 13.02.2021

Rezensentin Doris Akrap hat beeindruckt, dass Marie-Janine Calic in ihrem Tito-Porträt weder "in schwärmerische Romantik oder abgrundtiefe Abscheu" gerät, sondern ein differenziertes Bild zeichnet: Die Autorin beschreibt ihn ebenso als umsichtigen sozialistischen Weltpolitiker und Beförderer der Freiheit seiner jugoslawischen Bürger wie als Tyrannen, der beispielsweise Stalinisten auf der Kahlen Insel foltern ließ, erzählt die Kritikerin. Ihr Fazit. Der Sonderweg dieses "integrativen Autokraten" verdient es, hervorgehoben zu werden.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 14.12.2020

Rezensent Robert Probst misst den Geist dieser Biografie an einigen Kernsätzen, die er aus "Heimkehr" von Saša Stanišić zitiert. Überhaupt ist der Kritiker vom "erzählerischen Ansatz" der Historikerin angetan, solange von Titos Kindheit und Jugend und seinem Aufstieg die Rede ist. Auch die Darstellung des Siegs gegen die deutschen Besatzer und der Einigung des Vielvölkerstaates unter Tito gefällt ihm. Dann jedoch fallen dem Kritiker zunehmend Mängel auf, etwa in der Beschreibung der gesellschaftlichen Resultate von Titos Politik. Ja, es gebe auch hier den mehr Freiheit für die Bevölkerung herstellenden Bruch mit Stalin und das internationale Ansehen Jugoslawiens, - was als Deckel diente auf den immer noch wirksamen Nationalitätskonflikten unter der Decke der Einheit und dessen daraus stammende gesellschaftliche Stimmung. Stanišić hat dies laut Probst beschrieben als Mischung aus "Stolz und Angst". Aber die Momente der Angst, so der in dieser Hinsicht enttäuschte Kritiker, bleiben hier unterbelichtet, etwa was die Folgen der Korruption betrifft, die aus der Arbeiterselbstverwaltung stammte, geschweige denn das leiden der politischen Gefangenen, die auf der Insel Goli Otok schmachteten.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.10.2020

Rezensent Michael Martens hätte sich mehr Distanz gewünscht von Marie-Janine Calics Tito-Biografie. Auch wenn die Autorin ihre Aufgabe laut Martens besser bewältigt als manche ihrer Vorgänger und den Stoff souverän ordnet und Titos Leben anschaulich macht, trifft Martens auf viele "unglückliche Formulierungen", die die Allwissenheit der Autorin suggerieren und in einem historischen Sachbuch nichts verloren haben. Den Weg aus der "hagiografischen Quellenlandschaft" der Ideologisierungen findet die Autorin demnach nicht ganz, auch wenn sie die repressiven Mittel von Titos Alleinherrschaft durchaus benennt.
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