Mary MacLane

Ich erwarte die Ankunft des Teufels

Cover: Ich erwarte die Ankunft des Teufels
Reclam Verlag, Stuttgart 2020
ISBN 9783150112564
Gebunden, 206 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen und mit einem Nachwort von Ann Cotten. Mit einem Essay von Juliane Liebert. Die 19-jährige Mary MacLane wünscht sich Napoleon oder am besten gleich den Teufel als Liebhaber. Sie träumt von einer Revolution, während sie mit ihren Mitmenschen im provinziellen Montana genauso wenig anfangen kann wie mit ihren häuslichen Pflichten und der kargen Landschaft. Mary fühlt sich einsam auf der Suche nach sich selbst und dem guten Leben - und feiert trotzdem kraftvoll das eigene Ich. MacLane war völlig unbekannt, als sie 1902 ihr erstes, im Tagebuchstil verfasstes Buch veröffentlichte. Es wurde zum Skandal und seine Autorin zum Star. Reporter aus den Metropolen pilgerten in ihre Heimatstadt, Cocktails und Sportmannschaften wurden nach ihr benannt. Ihr Name wurde zum Inbegriff für rebellische junge Frauen.Auch über 100 Jahre später fasziniert es ungemein, wie virtuos und selbstverständlich Mary MacLane sämtliche Konventionen über den Haufen wirft, wie sie zwischen Größenwahn und Todessehnsucht, Resignation und Euphorie tänzelt.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 01.08.2020

Rezensentin Marianna Lieder findet Mary MacLane sehr heutig. Mit ihrem "freiddrehenden Narzissmus", ihrer "selbstzweckhaften Provokation" und ihrer "triumphalen Albernheit". MacLanes Selbstbespiegelungsarie in der ausgezeichneten Übersetzung von Ann Cotten lässt Lieder vermuten, dass die Autorin ihren Nietzsche gelesen hat. Dass der rhythmisch gut getaktete Text erst jetzt auf Deutsch vorliegt und so wenig Patina angesetzt hat, sind für Lieder gleich zwei "Fräuleinwunder".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 29.05.2020

Gerne liest Rezensentin Cornelia Geißler das Tagebuch der Autorin Mary MacLane, das 118 Jahre nach seiner Erstveröffentlichung nun auch auf Deutsch erschienen ist. MacLane, damals 19 Jahre alt, liefert hier Berichte und Traumerzählungen, aber auch philosophische und gesellschaftskritische Überlegungen, und das in durchweg provokantem, pamphletartigem Tonfall, meint Geißler, in dem sich die spätere Attitüde der Autorin bereits ankündige. Obwohl 1901 verfasst, lese sich das Tagebuch - wenn auch manchmal etwas großspurig-pubertär - immer noch "frisch, oft originell" und witzig, lobt die Rezensentin, die auch Vergleiche mit Stars wie Greta Thunberg interessant findet. Insgesamt handle es sich um eine "anregende" Lektüre und eine "sehr gute Autorin", deren Wunsch nach Ruhm sich erfüllt habe, schließt die Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.05.2020

Insa Wilke lobt die Kommentierung der Ausgabe von Mary McLanes Bekenntnistext als augenöffnend und das Buch als Bereicherung unseres kulturellen Gedächtnisses. Verblüffend scheinen ihr Person und Werk gleichermaßen. Geltungssucht, Narzissmus und die unübersehbare Neigung der Autorin für die eigenen Organe machen es der Rezensentin nicht immer leicht. Doch wie die wohlbehütete 19-Jährige sich um 1900 männlicher Ästhetik bedient und mit Corday und Bronte zugleich den feministischen Kanon aufruft, "unverschämt, witzig und formbewusst", findet Wilke stark. Zu entdecken ist eine Performerin avant la lettre, meint Wilke. Ann Cottens Übersetzung und Kommentar kleiden den Text gut, findet Wilke. Auf McLanes philosophische Exkurse im Buch hätte die Rezensentin jedoch verzichten können.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 17.04.2020

Rezensentin Angela Schader empfiehlt Mary McLanes um 1900 entstandenes Tagebuch als "rebellisches Manifest" gegen Moral und Depression. In Ann Cottens "blendender" Übersetzung entfaltet der Text für Schader seine Gifte, aber auch seine lebenspraktischen Vorschläge, etwa betreffend den heilsamen Verzehr einer Olive. Laut Rezensentin möglicherweise das Buch der Stunde, weil es "mit Lust" den Abstand zwischen Aufschwung und Fall ausmisst und die Enge des Biederen, mit Sprachgewalt und schillernd zwischen absoluter Ehrlichkeit und der Erschaffung einer Kunstfigur, so Schader.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 16.04.2020

Mary MacLanes autobiografischer Text ist weniger ein Tagebuch als ein "Manifest der weiblichen Selbstermächtigung", konstatiert Rezensent Carsten Hueck. Kaum vorstellbar scheint es ihm, dass da vor rund 120 Jahren eine gerade mal 19-jährige Frau in der kulturellen Ödnis Montanas fest saß und sich allein durch den Vergleich mit ihrer Umwelt für ein Genie halten musste. Befreiung aus der Langweile erhofft sie sich allein vom Teufel, erklärt Hueck. So wechseln sich arrogante Selbsterhebung, und erbarmungslose Eigenanalyse, Ekel und Schwermut, herrliche Landschaftsbeschreibungen und philosophische Reflektionen, miteinander ab, was der Rezensent trotz einiger Wiederholungen und literarischer Anleihen sehr schön zu lesen findet. Außerdem beweist es, dass Frauen sich auch schon vor 120 Jahren "literarisch behaupten" konnten und wollten, so Hueck. Warum auch nicht fragt, man sich da.