Mathieu Riboulet

Und dazwischen nichts

Roman
Cover: Und dazwischen nichts
Matthes und Seitz Berlin, Berlin 2017
ISBN 9783957572653
Gebunden, 218 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Karin Uttendörfer. Anfang der 1970 er Jahre stehen die Protestbewegungen in Paris, Rom und Berlin vor der Frage nach dem bewaffneten Kampf und dem Abtauchen in den Untergrund. Auch wenn die Antworten unterschiedlich ausfallen, beginnt in allen drei Ländern ein Jahrzehnt politischer Gewalt, das auf den "Straßen eines Europas im Frieden die Leichen Hunderter Männer und Frauen hinterließ, wie Hunde abgeknallt". Als Zeuge dieses Jahrzehnts der Wut, Hoffnung und großen Worte erlebt der Ich-Erzähler seine sexuelle und politische Bewusstwerdung, doch als er "am Zuge ist", in das Weltenspiel einzutauchen, ist die Hoffnung seiner älteren Brüder an den Mauern der Repression zerschellt oder in mörderischen Sackgassen gestorben. Zu jung für den Kampf, wird es für ihn und seine Geliebten noch eine kurze intensive Zeit geben, in der sie sich den großen Freuden wie den tiefen Nöten der Politik und des Körpers hingeben, denn "Sex gibt's nicht getrennt von der Welt". Dann aber wird sie "eine Epidemie niedermähen wie Hunde" und "der Feind ein anderes Gesicht haben". Geschrieben mit der Wut eines hilflosen Zeitzeugen, der Lügen eines ganzen Kontinents, erinnert uns "Und dazwischen nichts" daran, dass Geschichte vor allem eines ist: Fiktion.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 20.09.2017

Man ist entweder "Teil des Problems" oder "Teil der Lösung", wie es Ulrike Meinhof einst ausdrückte. Mathieu Riboulet beschreibt sich in seinem Buch als genau dazwischen Stehender, im "Nichts", dem er sich nun in seiner Erzählung rückblickend immer wieder aus verschiedenen Richtungen anzunähern versucht, resümiert Rezensent Ulrich Rüdenauer. Riboulet gehört einer Generation an, die sich der revoltierenden Jugend der sechziger Jahre zwar verbunden fühlte, jedoch eigentlich zu spät geboren war, zu einem Zeitpunkt, zu dem sich die Kämpfe bereits in die Betten zu verlagern begannen, die Betten, in denen Riboulet seine Homosexualität erfuhr und damit den Zusammenhang zwischen Sexualität und Politik, lesen wir. Der Ton, in dem er seinen "persönlicher Rechenschaftsbericht" verfasst, ist schnörkellos, bestimmt und schonungslos ehrlich, lobt der Rezensent.
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Rezensionsnotiz zu Die Welt, 17.06.2017

Didier Eribon und Edouard Louis hat es Mathieu Riboulets zu verdanken, dass seine autobiografisch gefärbte Wutschrift "Und dazwischen nichts" überhaupt Aufmerksamkeit bekommt, meint Rezensent Tilman Krause. Denn das, was der homosexuelle Autor und militante Linke hier an Verschwörungstheorien, historischen Halbwahrheiten und ideologischen Voreingenommenheiten zusammenbraut, ist nicht nur gedanklich auf dem Stand von 1977, sondern auch ziemlich pathetisch und literarisch belanglos, moniert der Kritiker. Und so liest er hier Riboulets Erinnerungen an schwulenfeindliche Übergriffe in dessen Jugend, erfährt en Detail, aber ohne die nötige Selbstkritik des Autors, wie dieser sich mit nordafrikanischen - meist heterosexuellen - Migranten im Gebüsch und auf Bahnhofstoiletten vergnügte und kann auch Riboulets wenig nuancierten Gedanken über das Aufkommen von und den Kampf gegen Aids nur wenig abgewinnen.