Monika Marose

Unter der Tarnkappe - Felix Hartlaub

Eine Biografie
Cover: Unter der Tarnkappe - Felix Hartlaub
Transit Buchverlag, Berlin 2005
ISBN 9783887472054
Gebunden, 216 Seiten, 19,80 EUR

Klappentext

Mit einem Vorwort von Karl Corino. Felix Hartlaub gehört zu jenen künstlerischen Existenzen, die sich jedem gewohnten Schema entziehen: geboren in Bremen, aufgewachsen in Mannheim (der Vater, Direktor der Mannheimer Kunsthalle, wurde 1933 entlassen), Besuch der Odenwaldschule, längere Aufenthalte in Frankreich und Italien, ab 1933 Studium in Heidelberg und dann bis zur Promotion 1939 in Berlin, freundschaftlicher Kontakt zu künstlerisch-politisch oppositionellen Kreisen (besonders intensiv zur Familie Gysi), die dann ab 1938 zunehmend Deutschland verlassen müssen. Hartlaub bleibt, notiert, beobachtet und schreibt, orientiert an Marcel Proust, Joseph Conrad, Franz Kafka oder D. H. Lawrence. 1939 eingezogen, kommt er als einfacher Soldat durch eine Kette von Zufällen auf sehr ungewöhnliche Positionen: zuerst im besetzten Paris als Archivar des Auswärtigen Amtes, dann als Sachbearbeiter in den Abteilungen 'Kriegsgeschichte' bzw. 'Kriegstagebuch', die direkt dem Oberkommando der Wehrmacht bzw. dem 'Führerhauptquartier' zugeordnet waren, mitten im Zentrum der Macht. Während dieser Zeit schreibt Hartlaub neben seiner offiziellen Tätigkeit eigene Texte: satirische Reportagen, demaskierende, distanzierte, kühle Beobachtungen, genaue Protokolle eines Krieges, die erst lange nach Hartlaubs rätselhaften Verschwinden (Ende April 1945) und auch dann nur in Bruchstücken veröffentlicht werden, aber sogleich großes Aufsehen erregen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.05.2006

Felix Hartlaub wäre wohl einer der interessantesten deutschen Schriftsteller geworden, trauert Rezensent Walter Hinck, wenn er seinen kurzen Kriegseinsatz 1945 überlebt hätte. Zuvor habe er im Führerhauptquartier am offiziellen Kriegstagebuch mitgeschrieben, aber insgeheim seine eigenen tagebuchartigen "Kriegsaufzeichnungen" niedergeschrieben. Der Rezensent sieht in ihnen "geheime Dementis" und eine "Gegensprache zur verlogenen Propagandarede". Hartlaub habe "gestochen scharfe" Protokolle seiner Wahrnehmung hinterlassen. Die Biografie Monika Maroses basiere auf jahrelangen Recherchen und ganz besonders auf den persönlichen Auskünften von Klaus Gysi und seiner Frau Irene Lessing. In ihrem Haus am Berliner Schlachtensee sei Hartlaub häufig zu Gast gewesen. Die nicht bis ins letzte zu klärende Frage, referiert der Rezensent, ob Hartlaub geheime Informationen an Widerstandsgruppen weitergeleitet habe, sei allerdings auch mit diesen Quellen nicht wirklich zu beantworten. Eine "verschwörerische Teilnahme" sei aber wohl auszuschließen. Eingeleitet wird die Biografie von einer "souveränen" Vorbemerkung Karl Corinos.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 28.02.2006

Die Autorin habe nicht nur eine fundierte und wunderbar geschriebene Biografie vorgelegt, lobt Rezensent Gustav Seibt, sie habe vor allem eine falsche Wahrnehmung Felix Hartlaubs korrigiert. Der Militärhistoriker in Hitlers Führerhauptquartier habe in seinen "Sperrkreis-Notaten", die er unter Lebensgefahr niederschrieb, das "scharfsinnigste Seelenprotokoll der Unmenschlichkeit" hinterlassen, das es aus "dieser Sphäre" gebe. Dank der Autorin, so der Rezensent, könne es nun sogar als "wahrscheinlich" gelten, dass Hartlaub Informationen an den kommunistischen Untergrund weitergab. Marose habe bei ihrer Recherche noch in den neunziger Jahren wichtige Zeitzeugen befragen können und auch ungedruckte Quellen berücksichtigt. Das vorherrschende Bild eines Schöngeistes ohne moralische Haltung, den es als junger Soldat zufällig zu den Militärhistorikern verschlug, die das Kriegstagebuch formulierten, habe sie "schlüssig widerlegt". Hartlaubs Schriften, so der Rezensent, seien bis heute nur in verzerrter und missverständlicher Form ediert, um so mehr sei die vorliegende Biografie zu begrüßen.
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