Nicolaus Sombart

Journal Intime 1982/83

Rückkehr nach Berlin
Cover: Journal Intime 1982/83
Elfenbein Verlag, Berlin 2003
ISBN 9783932245602
Kartoniert, 212 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

Nicolaus Sombarts "Journal intime 1982/83" ist das Schlusskapitel seiner überaus erfolgreichen Memoiren und eine Hommage an ein intellektuelles Berlin, dessen gesellschaftliches Leben sich wieder zu formieren versucht. Sombart betrachtet diese ersten Schritte seines Eintritts in eine neue Lebensphase mit Selbstironie und fühlt sich gleichzeitig als verantwortlicher Protagonist einer kulturellen Aufbruchsbewegung. Anlässlich der Feierlichkeiten zu seinem 60. Geburtstag zelebriert er Selbstinszenierungen, die in die vielfältige Thematik einer neuen Schaffensperiode weisen. Vor dem aufmerksamen Leser lüftet die Maske ein wenig und verrät etwas von der leisen Tragik einer intellektuellen Existenz, die immer darum bemüht ist, nicht den Anschluss an das konkrete Leben zu verlieren. Der Rückblick auf seine vie experimentale wird zum Bildungstagebuch, das mit spielerischem Ernst erotische und intellektuelle Abenteuer entfaltet.

Im Perlentaucher: Rezension Perlentaucher

Nicolaus Sombart war 1982/83 "Fellow" des von Peter Wapnewski geführten Wissenschaftskollegs in Berlin. Er hat Tagebuch geführt über jene Zeit. Das Buch ist jetzt veröffentlicht worden. Es gibt kein besseres Buch über das Berlin, das damals gerade die Postmoderne entdeckt hatte. Die "Zeitgeist"-Ausstellung machte Furore, Punks bevölkerten nicht mehr nur Kreuzberg, sondern auch Parties der feinen Charlottenburger Gesellschaft. Die Professoren Kamper und Taubes stritten über das Posthistoire. Die Revolutionäre von 1968 hatten den Glauben an ihre Revolution - und damit den an jede - verloren und predigten das Ende der Geschichte. Ost und West bekriegten sich nicht mehr an der Berliner Mauer, sondern führten im fernen Afghanistan mörderische Stellvertreterkriege, mit deren Folgen wir heute zu kämpfen haben. Aber davon wusste man noch nichts. Hinzu kam - der vom Europarat in Straßburg in seine Geburtsstadt Berlin heimgekehrte Sombart notiert es immer wieder - Berlin interessierte sich nur für Berlin. Nein: Westberlin interessierte sich nur für Westberlin. Die Stadt lebte in dem Wahn, das beste Theater der Welt - die Schaubühne - und die besten Maler der Welt - die "jungen Wilden" - zu haben. Das genügte. Sombart wird nicht müde, das Provinzielle, den kleinbürgerlichen Mief dieses Milieus festzuhalten. Aber er verfällt ihm...
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 12.10.2023

Nicolaus Sombart war ein Lebemann, der es schaffte, im ärmlichen West-Berlin der frühen Achtziger eine gewisse Aura als Sohn von Werner Sombart um sich verbreiten und der im Smog der Ofenheizungen, der aus Ost-Berlin herüberwehte, als eine Figur von besonderer Farbigkeit hervorstach. Einige Feuilletonisten, die heute selber kurz vor der Rente stehen, bewundern ihn bis heute. Und das liegt an Sombarts allesamt autobiografischen Büchern, die es offenbar irgendwie doch schafften, ein Bild der Gesellschaft zu geben, in der Sombart lebte und die damit auch an den Vater anknüpften. Thomas E. Schmidt liefert in der Zeit ein liebevolles Porträt des Autors. Als Sombarts wichtigstes Buch empfiehlt er das "Journal intime", das die Zeit Sombarts am Berliner Wissenschaftskolleg 1982/32 protokolliert, das aber zuerst 2003 erschien. Das "Capriccio Nr. 1" scheint nur für wirkliche Liebhaber dieser schillernden Figur von Interesse zu sein, große Literatur ist es selbst aus Sicht des Fans Schmidt nicht. Es schildert das Innenleben eines Wehrmachtssoldaten, der sich beim Wachehalten in Frankreich langweilt und sich am Ende zur Desertion entschließt. Das Buch liefert für Schmidt trotz seiner Schwächen ein interessantes Schlaglicht auf die "Trümmer- und Nullpunktliteratur aus dem kalten Winter 1946/47". Das Buch dokumentiert für Schmidt auch die Nachkriegswende Sombarts, denn bis 1945 war er wohl eher das Söhnchen aus reaktionärem bis nazi-nahem Milieu, das mit Carl Schmitt Waldspaziergänge machte, erst nach 1945, so Schmidt, wurde er zum "glühenden Bewunderer des Westlichen".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 03.09.2003

Klatschhaft, überheblich, indiskret, unberechenbar, selbstgerecht, eitel, die Liste der von Ijoma Mangold gefundenen Eigenschaftsworte im Falle von Nicolaus Sombarts "Journal intime" aus den Jahren 1982/83 ließe sich ohne weiteres fortsetzen. Das alles kann Ijoma Mangolds Begeisterung nichts anhaben: Klatsch liest man schließlich gerne, und außerdem stecke Sombart so voller Vitalität, freut sich der Rezensent, dass sie eben mitreißend und nicht abstoßend wirke. In Nicolaus Sombart, Sohn des Soziologen Werner Sombart, brennt eine Leidenschaft, die Mangold aus einem anderen Jahrhundert herzurühren scheint. Dies hänge natürlich zum Teil mit Sombarts großbürgerlicher Herkunft zusammen, überlegt Mangold, die ihm geistige Unabhängigkeit, einen Lebensstil und eine Umtriebigkeit in der Tradition eines Casanovas vermittelten. Sombarts Auffassungen stießen im erlesenen Kreis des damals neugegründeten Berliner Wissenschaftskollegs nicht unbedingt auf Verständnis, schmunzelt Mangold und berichtet von einer durch Sombart angezettelten Mittagstischdebatte - mit dem Ergebnis, dass ihn die anderen als kleinkarierten Geist mit großbürgerlicher Attitüde schmähten. Doch für Mangold steckt bei Sombart mehr dahinter: sein Tagebuch besitze etwas vom Stile eines Talleyrand, der mit genauem Blick die sozialen und politischen Vorgänge am Hofe festhielt.
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