Olga Martynova

Von Tschwirik und Tschwirka

Gedichte
Cover: Von Tschwirik und Tschwirka
Droschl Verlag, Graz 2012
ISBN 9783854208310
Gebunden, 96 Seiten, 16,00 EUR

Klappentext

Aus dem Russischen von Elke Erb und Olga Martynova. Lyrik versucht etwas von dem festzuhalten, was über Menschensprache hinausgeht. Das gilt für Olga Martynovas neuen Gedichtband umso mehr, als Tschwirik und Tschwirka wohl eine Art Vogelsprache sprechen, jedenfalls aus dem "Roman über Papageien" hervorgegangen und einigermaßen überraschend in der Lyrik gelandet sind. Wie der Roman sprechen auch diese Gedichte von der Zeit, von der Vergänglichkeit und von Sinn und Unsinn, Themen, um die das Werk der Oberiuten, der letzten Vertreter der russischen Moderne in den 30er Jahren, kreist und einem ihrer Protagonisten, Alexander Wwedenskij (1904-1941), ist in diesem Band sogar ein ganzer, zehnteiliger Zyklus gewidmet.
Gelungene Gedichte befreien und es ist tatsächlich befreiend, wie sich Olga Martynova über die Welt, wie wir sie erklärt bekommen, hinwegsetzt und neue Regeln erfindet, neue Gesetzmäßigkeiten, die die bekannte Welt auf neue Art einrichtet: "Fort ist der Sommer gesegelt / auf unerwartetem Besen. / Fraß das untere Licht und stellte sich / als Schüssel voll Beeren ab auf dem Tisch."
Der Band enthält die drei Teile "Verse von Rom" (geschrieben nach einem gemeinsamen Rom-Aufenthalt Martynovas mit der Petersburger Dichterin Jelena Schwarz, 2001), "Wwedenskij" und den jüngsten und längsten Zyklus "Von Tschwirik und Tschwirka".

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 03.01.2013

Olga Martynova schreibt Prosa auf Deutsch, dichten tut sie auf Russisch, weiß Beatrice von Matt. Dank der Zusammenarbeit mit Elke Erb erscheinen ihre Werke aber immer schnell auch hier, erklärt die Rezensentin. In "Von Tschwirik und Tschwirka" widmet sich die Schriftstellerin jenen russischen Autoren und Dichtern, die unter Stalin allzu oft ermordet und totgeschwiegen wurden, erklärt von Matt: Daniil Charms, Nikolai Olejnikow, Nikolai Sabolozki, Alexander Wwedenski. Letzterem ist der mittlere der drei Teile dieses Gedichtbandes gewidmet. Martynova zitiert gerne, verrät die Rezensentin, aber sie passt sich auch in ihrem Stil den gewürdigten Toten an und bindet sie in ihre eigene Arbeit ein. Es entsteht eine neue Art von "Unsinn", in dem der Leser zumeist vergeblich einen festen Sinn zu fassen versucht. Die Gedichte sind eigenwillig und verspielt und "Spiele und Spielangebote sind einer blutigen sturen Politik" schon immer verdächtig gewesen, bedauert die Rezensentin mit einem Blick zurück in die Literaturgeschichte. Umso mehr freut sie sich über den Griff der deutsch-russischen Dichterin in die eigene Vergangenheit.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 28.09.2012

Wohlwollend hat Burkhard Müller diesen Gedichtband der Bachmann-Preisträgerin Olga Martynova aufgenommen. Wie er berichtet, verfasst die Autorin die Gedichte auf russisch, während sie an ihrem Buch "Sogar Papageien überleben uns" arbeitete, und übersetzte sie erst später zusammen mit Elke Erb ins Deutsche. Das Ergebnis steht für ihn auf eigentümliche Weise zwischen den Sprachen. Besonders hebt er hierbei hervor, dass Nonsens, Absurdität, Unlogik die russischen Gedichte prägen, die Übersetzung aber von Ernsthaftigkeit und Gründlichkeit geprägt ist. So scheinen ihm die Gedichte auch zwischen diesen beiden Polen zu pendeln. Kostprobe? "Wenn du vom Fahrrad fällst, weißt du auf einmal, / zwischen dir und der Welt ist das Fleisch, / das so fein ist und kapriziös, / dass es der groben und abgehärteten Seele / ein einziger Vorwurf ist."
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.07.2012

Hymnisch bespricht Rezensentin Beate Tröger den neuen, unter dem Titel "Von Tschwirik und Tschwirka" erschienenen Gedichtband der in Petersburg aufgewachsenen und kürzlich mit dem Ingeborg Bachmann-Preis ausgezeichneten Lyrikerin und Prosaautorin Olga Martynova. Der Kritikerin erscheint die Dichterin aber nicht nur als "würdige Nachfahrin der Klagenfurter Ahnin", sondern sie entdeckt in dem gelehrten Anspielungsreichtum der drei Gedichtzyklen auch kunstvolle Verbindungen zu Novalis, Christian Morgenstern, Ossip Mandelstam oder Emily Dickinson. Zugleich begibt sich die Rezensentin mit den titelgebenden Poesiewesen, welche sie gar an Shakespeares Luftwesen aus "The Tempest" und an Papageno und Papagena aus Mozarts "Zauberflöte" erinnern, in einen wilden, rätselhafen und "lyrisch-versponnenen" Fantasieraum, der ihr ungekannte ästhetische Welten eröffnet. Martynova bevorzugt für ihre klangvollen, "kapriolenschlagenden" Verse zwar die russische Sprache - die gemeinsam mit der deutschen Lyrikerin Elke Erb übersetzten Gedichte verzaubern aber gleichermaßen, versichert die Kritikerin.
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