Oliver Lubrich

Humboldt

oder wie das Reisen das Denken verändert
Cover: Humboldt
Matthes und Seitz Berlin, Berlin 2022
ISBN 9783751803373
Gebunden, 525 Seiten, 34,00 EUR

Klappentext

Alexander von Humboldt: Von einem, der auszog, die Welt zu erforschen, und dabei ein anderer wurde. Von 1799 bis 1804 reist Alexander von Humboldt nach und durch Amerika, später nach Russland und bis an die Grenze des chinesischen Kaiserreichs. Was seine Reisen begleitet, ist das Schreiben. Aus seinen veröffentlichten, aber auch unveröffentlichten Schriften entsteht in Oliver Lubrichs Untersuchung ein Bild des Reisenden selbst: neugierig und trotz Vorurteilen stets bereit, genau diese an seiner Umgebung zu überprüfen. Das macht seine Aufzeichnungen bis heute so brisant: Sie sind das Zeugnis einer Wissenschaft, die versucht, der Welt so nah wie möglich zu kommen, so genau wie möglich von ihr zu berichten und auch das eigene Scheitern unbedingt produktiv zu machen. Während Humboldt das Wissen über die Welt im Namen der Forschung verändert, verändert die Welt, die er entdeckt, auch ihn: Da ist der missglückte Aufstieg auf den Chimborazo, die unüberwindbare Felsschlucht, die sich in einem wahnwitzigen Verfahren im Text niederschlägt. Da sind der Orientalismus und die Antikisierung der überseeischen Kulturen - erfahren, die Humboldt dekonstruiert. Und da ist die Zensur seiner Schriften im zaristischen Russland, die ihn dazu zwingt, verdeckte Formen für die Erzählung einer Reise unter politischem Druck zu finden, die brandaktuell sind. Immer mehr erscheint Humboldt nicht nur als Schreibender, sondern auch als Geschriebener. In jedem Buch wagt er einen anderen Entwurf, um Objektivität und Subjektivität neu zu vermitteln. Seine Biografie zeigt, dass in der Veränderung selbst der größte Erkenntnisgewinn liegt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 20.05.2022

Rezensent Clemens Klünemann fällt es wie Schuppen von den Augen bei der Lektüre von Oliver Lubrichs Humboldt-Monografie: Reisen in die Fremde befördert die Selbstwahrnehmung! Lubrichs intellektuelle Biografie Alexander von Humboldts, die der Autor laut Klünemann entlang wichtiger Publikationen des weltreisenden Forschers entwickelt, zeigt den Wissenschaftler ebenso als Aufklärer wie als Pragmatiker, als Antike-Verehrer wie als Entmythologisierer der Antike, erklärt der Rezensent. Eine nicht nur im Zusammenhang mit den Entkolonialisierungsdebatten bedeutsame Studie, findet er.