Peter Kurzeck

Und wo mein Haus?

Roman
Cover: Und wo mein Haus?
Schöffling und Co. Verlag, Frankfurt am Main 2022
ISBN 9783895616938
Gebunden, 176 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Frankfurter Hauptbahnhof, Bahnsteige, Gleise, die Eisenbahn nach Gießen. Wie immer in Peter Kurzecks fließender Erinnerungsprosa lässt der Anblick der Züge innere Bilder aufsteigen. Hier nimmt er uns mit auf Bahnfahrten mit der Mutter in das zerstörte Gießen, noch vor der Währungsreform. Der Fünfjährige kommt vom Dorf und ist dort das Flüchtlingskind. Gießen, das heißt Trümmerlandschaften und Schwarzmarkt, beängstigend und aufregend zugleich. Zu Hause lernt die Schwester schreiben, liest der Vater "Faust", näht die Mutter ununterbrochen. Die Familie immer nur geduldet, angewiesen auf das Wohlwollen der Hauswirte, böhmische Lieder im Ohr. Später geht der Erzähler bei der US Army zusammen mit Osteuropäern absurden Tätigkeiten nach, und so beginnt ein ganz anderes Leben. In diesem von Rudi Deuble mit Originalnotizen aus dem Nachlass herausgegebenen, als Band 8 des "Alten Jahrhunderts" vorgesehenen Roman erzählt Peter Kurzeck aus dem Gießen der Nachkriegszeit und den Displaced Persons bei der US Army.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 05.01.2023

Wer nach spannungsreicher Handlung sucht, wird mit Peter Kurzeck nicht glücklich werden, warnt Rezensent Ulrich Rüdenauer, wer sich aber für minutiöse poetische Erinnerungs- und Entdeckungsarbeit interessiert, dem kann er die posthume Veröffentlichung "Und wo mein Haus?" nur ans Herz legen. Über den Autor, ein "manischer Chronist", weiß der Rezensent einiges zu erzählen, etwa, dass der vorliegende Band als achter Teil eines auf zwölf Bücher angelegten Kosmos geplant war, aber aufgrund des Todes Kurzecks 2013 nur als Fragment vorhanden war. Dieser Fragmente habe sich sein Freund und Lektor Rudi Deuble angenommen, um sie zugänglich zu machen. Zum Inhalt verrät Rüdenauer, dass der Schriftsteller sich, selbst ein Flüchtlingskind aus Tschechien, mit dem Schicksal der Displaced Persons und der US-Army in Gießen, in deren Personalabteilung Kurzeck lange arbeitete, befasst. Der Kritiker empfiehlt diese eindrückliche Beschäftigung mit dem Vergangenen als Monument für die Erinnerung.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 30.09.2022

Jörg Magenau taucht ein in den Kosmos des Peter Kurzeck mit diesem aus dem Nachlass erscheinenden achten Band des Zyklus "Das alte Jahrhundert". Im Kurzeck-Revier Frankfurt-Eschersheim im Jahr 1982 erinnert sich der Autor an seine Flucht aus Böhmen und seine Arbeit in der US-Army, wo er sich selbst um Displaced Persons kümmerte, erläutert Magenau. Dass nichts vergessen werden darf, dieser Maxime folgt der Autor in diesem Buch laut Magenau noch in eher roher, unausgeführter Form. Kurzecks erzählte Welt, sie wird für Magenau hier allenfalls in Ansätzen erkennbar. Faszinieren kann sie ihn aber dennoch.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 21.09.2022

Rezensent Claus-Jürgen Göpfert fehlt dieser Autor, weil er so eindringlich mahnend vom Krieg und seinen Folgen erzählen konnte. Peter Kurzecks von Rudi Deuble aus dem Nachlass herausgegebenes Romanfragment schließt für Göpfert einerseits die "Leerstelle" der Nachkriegszeit, die Kurzecks Ankunft aus dem Sudetenland dokumentiert und seine Zeit bei der US-Army 1961-1971, andererseits entwickelt der Text den vom Rezensenten sehr gemochten Flow aus genauen Beobachtungen und Reflexionen über dies und jenes, den Verlust von Werten etwa. Wie sich der Autor den Verlierern widmet, den Kriegsversehrten, erinnert Göpftert daran, dass solche nun wieder unter uns sind.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 01.09.2022

Rezensent Andreas Platthaus hofft, dass die postumen Veröffentlichungen aus dem Werk von Peter Kurzeck keine Ende nehmen möchten. Vorerst freut er sich mächtig über den achten Band aus Kurzecks Riesenromanprojekt, herausgegeben von Rudi Deuble. Dass es sich um ein recht fragmentarisches Stück Literatur handelt und dennoch Roman draufsteht, findet Platthaus okay, schließlich handelt es sich seiner Meinung nach um mit das Beste, was der Autor geschrieben hat. Dass der zweite Teil des Bandes zum großen Teil aus Notizen besteht, stört ihn nicht. Was Kurzeck so einzigartig macht, hier kann der Leser es nachlesen, meint Platthaus: der assoziative Gedankenstrom, die "beschwörende" und selbstzergliedernde Erzählstimme von Kurzecks Alter Ego. Für Platthaus psychologisch alles hoch interessant. Und wie Kurzeck hier (aus eigener Erfahrung) aus dem kleinen Kosmos einer Personalabteilung für Zivilangestellte der US-Armee im Nachkriegsdeutschland berichtet, hat man so auch noch nicht gelesen, versichert er.
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