Premtschand

Godan oder Das Opfer

Roman
Cover: Godan oder Das Opfer
Manesse Verlag, Zürich 2006
ISBN 9783717521082
Gebunden, 893 Seiten, 26,90 EUR

Klappentext

Aus dem Hindi von Irene Zahra. Als kleiner Bauer lebt Hori Ram mit Frau und drei Kindern mehr schlecht als recht vom Anbau von Zuckerrohr. Der Berg seiner Schulden ist hoch und wächst unausweichlich Jahr um Jahr, wenn Pacht und Saatgut zu zahlen sind. Auch die Verheiratung zweier seiner Kinder wird ihn wieder Geld kosten, das er nicht besitzt. Dennoch erwirbt Hori eine Kuh - ein fataler Griff nach dem Glück, der eine teuflische Spirale in Gang setzt und den gutmütigen, traditionsbewussten Mann samt seiner Familie fast in den Ruin treibt. Die Hoffnung auf Godan, auf das Opfer, das ein Mensch nach hinduistischem Brauch in der Stunde seines Todes bringt, indem er einem Priester eine Kuh schenkt, rückt am Ende in weite Ferne. Hori und die existentiellen Probleme indischer Kleinbauern auf dem Land stehen im Mittelpunkt des Geschehens. Ihnen stellt Premtschand mit spitzer Feder gezeichnete Vertreter der städtischen Oberschicht zur Seite: beispielhafte Charaktere wie den unersättlichen Großgrundbesitzer, den skrupellosen Immobilienmakler, die emanzipierte Ärztin oder den unangepassten Universitätsprofessor.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.03.2007

Hocherfreut zeigt sich Wolfgang Schneider über Premtschands "indischen Romanklassiker" von 1936, der nun in einer deutschen Übersetzung vorliegt. Er würdigt das monumentale Werk über das Schicksal eines Kleinbauern als "Gesellschaftspanorama" des kolonialen Indiens. Dem Autor attestiert er, die Spannungen und Probleme des Landes, die Klassen- und Kastenunterschiede und die Unterschiede zwischen Arm und Reich, Stadt und Land mit "realistischer Meisterschaft" zu schildern. Er sieht in dem Roman auch eine entschiedene Absage an jede Verklärung des Landlebens. Die auftretenden Charaktere scheinen ihm allesamt anschaulich und lebendig gestaltet, und auch die ausgiebig politisch-philosophischen Debatten, die ihn an die großen russischen Romane des 19. Jahrhunderts erinnern, haben ihn beeindruckt. Er hebt hervor, dass sich in dem Roman trotz des desillusionierenden Grundzugs viele "poetische Beschreibungen" sowie "humorvolle und anrührende Momente" finden.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 10.03.2007

Immer noch lohnend findet Rezensent Martin Zähringer die Lektüre dieses indischen Epos, dessen Autor er als Zeitgenossen Maxim Gorkis vorstellt, mit dessen politischer Analyse sich Premtschand seiner Ansicht nach ebenfalls auf Augenhöhe befindet. Dementsprechend kann Zähringer am Horizont des nach Kasten sortierten indischen Feudalsystems schon den heraufziehenden Klassenkampf ahnen. Allerdings scheint der indische Autor weniger revolutionäre Dynamik zu vermitteln als Gorki, was dem Roman offensichtlich gut bekommt. Erzählt wird, wie Zähringer schreibt, die Geschichte eines Bauern, der durch die Starrheit des Kastenwesens in ökonomische Schwierigkeiten gerät. Das Buch hat der Beschreibung des Rezensenten zufolge zwei "Bühnen": das rückständige Land und die Stadt, die zwar schon von der Moderne erreicht worden ist, die Leute dort aber dennoch in ihrem "progressiven Gang" behindert sind. Zähringer ist beeindruckt von der "faszinierenden" dokumentarischen Genauigkeit der Schilderungen sozialer und ökonomischer Strukturen, religiöser Gesetzmäßigkeiten und komplexer feudalistischer Abhängigkeitsverhältnisse. Aber auch die "filmische Schreibweise" dieses indischen Realisten, seine "poetisch-epische Ausdauer" begeistern ihn sehr.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 28.09.2006

Rezensentin Dorothea Dieckmann begrüßt, dass dieser letzte große Roman des bedeutenden indischen Dichters siebzig Jahre nach dem Original nun endlich auf Deutsch erschienen ist, und zwar in einer "gekonnt" historisch ausbalancierten Sprache. Dieses monumentale Werk zu lesen, bedeutete für die Rezensentin, in den "so legendären Kontrast" Indiens zwischen Arm und Reich, Land und Stadt, Tradition und Zynismus einzutauchen. An dem Roman beeindrucken Dieckmann außerdem "gestochenen Porträts" niederkastiger Kleinbauern oder brahmanischer Dorfvorsteher. Sie bestaunt auch das "kunstvoll geknüpfte Ensemble" repräsentativer Episoden, in die Premtschands seine Miniaturen eingebettet hat. Im Übrigen legt sie Wert auf die Feststellung, dass "Godan" trotz lehr- und possenhafter Einschübe zutiefst kritische Literatur und alles andere als folkloristisch sei.