Santiago Gamboa

Verlieren ist eine Frage der Methode

Kriminalroman
Cover: Verlieren ist eine Frage der Methode
Klaus Wagenbach Verlag, Berlin 2000
ISBN 9783803131492
Gebunden, 326 Seiten, 18,41 EUR

Klappentext

Aus dem Spanischen von Stefanie Gerhold. Silanpa ist Journalist bei einer großen Tageszeitung in Bogota und berichtet über einen Mord, der eigentlich Sache der Polizei wäre. Aber weil der beleibte Polizeihauptmann Moya alle seine Energien darauf konzentriert, in einer Selbsterfahrungsgruppe seine Süßigkeiten-Sucht loszuwerden, nimmt Silanpa selbst die Spur des Verbrechens auf: Am Sisga-See, etwas außerhalb von Bogota, wurde ein gepfählter Mann aufgefunden. Was hat es mit dieser seltsamen Leiche auf sich? Eine religiöse Hinrichtung, ein esoterischer Akt oder pure Grausamkeit? Gemeinsam mit Estupinan, einem Buchhalter, der in dem Gepfählten seinen Bruder wiederzuerkennen mein, zieht Silanpa los...

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 04.11.2000

Als Kriminalfall verkleidete Gesellschaftskritik - nach Evita Bauer variiert der kolumbianische Schriftsteller und Journalist Gamboa das Pepe Carvalho-Prinzip seines berühmten Kollegen Vázquez Montalbán: auch Gamboas Anti-Held ist ein Einzelgänger, ein Einzelkämpfer im Dschungel großstädtischer Korruption, die selbst die Polizei erfasst hat. Es gibt lokale Unterschiede: "In Kolumbien ist Legalität Attrappe", schreibt Bauer, das Setting von Gamboas Kriminalgeschichte sei "weit entfernt von karibischer Pracht", nah dran aber an der Brutalität und Desolatheit des Alltags in diesem lateinamerikanischen Land. Als literarisches Leitmotiv dient Gamboa eine Schaufensterpuppe, die der Autor originellerweise, findet Bauer, mit Zitaten gefüllt hat, mit denen der Protagonist sein tristes Weltbild füttern kann. Seine Recherchen im Gangstermilieu und Korruptionssumpf von Bogotà tun ihr übriges, dieses zu bestätigen: "Dreigroschenoper auf Kolumbianisch" schreibt Bauer zum Schluss, ohne zu vermitteln, worin nun das Opernhafte oder persiflierende Element dieser Geschichte besteht.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 24.08.2000

Den Vergleich mit Garcia Marquez, den größten kolumbianischen Autor der Welt, findet der Rezensent Kersten Knipp angesichts dieses Romans fehl am Platz, obwohl er offensichtlich irgendwo bemüht wurde. Aber das heißt nicht, dass er mit "Verlieren ist eine Frage der Methode" nichts anzufangen weiß. Knipp schildert zuerst den Schockeffekt des brutalen Anfangs und dann die immer entspanntere Erzählhaltung Gamboas, die eine Menge über das gesellschaftliche Leben der kolumbianischen Hauptstadt durchblicken lasse. Ein Großstadtkrimi sei das, schreibt Knipp, der mit denselben Mythen arbeite wie andere Großstadtkrimis auch. Aber Gomboa umgehe durch seine "federleichte" Schreibweise alle Klischees des Genres. Der Plot scheint den Rezensenten dabei allerdings weniger zu interessieren als die realistische Schilderung des Lebens in Bogotà.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 01.08.2000

Robert Brack bespricht drei Kriminalgeschichten aus Lateinamerika, die voller Esoterik und übertriebener Aufmerksamkeit für Körperfunktionen stecken, was bei dem Rezensenten auf nachhaltige Enttäuschung stößt.
1) Santiago Gomboa: "Verlieren ist eine Frage der Methodik"
Ob Hämorriden beim Protagonisten, einem Journalisten, oder Fresssucht beim Kriminalbeamten - private Probleme, körperliche Dysfunktionen schieben sich bei diesem kolumbianischen Krimi in den Vordergrund, bedauert Robert Brack, dem die körperlichen Ausschweifungen des Helden eher wie Abschweifungen vom Thema vorkommen. Mit wachsendem Widerwillen ist der Rezensent dem "frustrierten Macho" durch Bogotà gefolgt, hat an seinem verkümmerten Liebesleben Anteil genommen und nebenbei auch den Mordfall mitaufgeklärt - nicht unbedingt eine Leseempfehlung.
2) Ramón Fonseca Mora: "Der Tanz der Schmetterlinge"
Uns will nicht ganz einleuchten, warum Robert Brack findet, dass Pflichtbewusstsein etwas Niedliches an sich hat ? Jedenfalls findet er auch die Sprache des panamesischen Autors zu niedlich, obwohl es in dessen Buch um ein fiktives Land geht, in dem Militärs mit Hilfe eines esoterischen Zirkels die Gesellschaft kontrollieren. Auf Dauer diskreditiere der Autor sein Thema und sein Buch durch die naive Schreibweise und eine klischeehafte Darstellung, schreibt der Rezensent und mutmaßt, dass es nicht an der Übersetzung liegen kann.
3) Pablo de Santis: "Die Übersetzung"
Als "hübsche kleine Fingerübung" lässt Brack dieses Buch gelten, das kein klassischer Krimi ist, sondern mehr in der Tradition von Poe, Kafka, Lem und Borges steht. Hört sich jedenfalls interessant an, was Brack berichtet: ein Übersetzerkongress am Meer, ein Hotel, seltsame Todesfälle bilden den Hintergrund für eine mehr sprachphilosophisch zu ergründende Intrige, bei der es um eine Kunstsprache geht, deren Gebrauch Katastrophen herbeiführen soll. Mehr hat der Rezensent nicht verraten, das Buch aber als Strandlektüre empfohlen.
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