Saul Friedländer, Jörn Rüsen (Hg.)

Richard Wagner im Dritten Reich

Ein Schloss-Elmau-Symposion
Cover: Richard Wagner im Dritten Reich
C.H. Beck Verlag, München 2000
ISBN 9783406421563
Paperback, 373 Seiten, 15,50 EUR

Klappentext

Auf dem Schoss Elmau-Symposion 'Wagner im Dritten Reich' trafen im Juli 1999 zum ersten Mal in Deutschland international angesehene Experten - Historiker, Politologen, Philologen, Musik- und Theaterwissenschaftler - zusammen, um über eine bisher von der Forschung vernachlässigte, für das Verständnis des NS-Systems und der Wagnerischen Kunst aber überaus wichtige Frage zu diskutieren:
Welche Bedeutung hatte Wagner für das Dritte Reich? Dabei geht es im weiteren Sinne um die ideengeschichtlichen Zusammenhänge zwischen Wagner, seinem Antisemitismus und dem des Bayreuther Kreises einerseits und dem Antisemitismus des NS-Systems andererseits, um die Ästhetisierung des Politischen, die Rolle der Kunstreligion in der jüngeren deutschen Geschichte, die politische Religion des Nationalsozialismus und deren Quellen. Die Vorträge dieses Symposiums sind in diesem Band vereinigt.
Mit Beiträgen von: Saul Friedländer, Jörn Rüsen, Dieter Müller-Elmau, Joachim Fest, Udo Bermbach, Dieter Borchmeyer, David J. Levin, Reinhold Brinkmann, Jens Malte Fischer, Nike Wagner, David Clay Large, Horst Weber, Dorothea Redepenning, Gudrun Schwarz, Hans Rudolf Vaget, Paul Lawrence Rose, Hartmut Zelinsky und Marc A. Weiner.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 28.10.2000

Seit Jahren wird heftig gestritten um die ideologische Erblast der Wagnerschen Musik: auf Symposien, durch Vorträge und Bücher, die wiederum die Vorträge der Symposien beinhalten bzw. ausbauen. Etwas "schulmeisterlich" kommt Albert von Schirnding die Art und Weise vor, wie diese Debatte von manchen Wissenschaftlern geführt wird. Von Schirnding stellt drei Bücher vor, die Beiträge zum Thema "Richard Wagner und der Antisemitismus" versammeln. 1) Dieter Borchmeyer, Ami Maayani, Susanne Vill (Hrsg.): "Richard Wagner und die Juden" Sieben israelische Wissenschaftler nahmen 1998 an der Tagung "Richard Wagner und die Juden" teil, die nicht irgendwo auf neutralem Gebiet, sondern in Bayreuth selbst stattfand. Aber selbst die schärfsten Kritiker, so von Schirnding, hätten sich im Ton zurückgehalten - auch wenn sich im nachhinein mancher von der Veranstaltung distanziert hat. 2)Saul Friedländer, Jörn Rüsen (Hrsg): "Richard Wagner im Dritten Reich" Ein Jahr später gab es wieder ein Symposium, berichtet der Rezensent, diesmal in Schloss Elmau. Dass diese zweite Tagung nun, wie Marc A. Weiner in seinem Beitrag behauptet, von der Atmosphäre her offener gewesen sei, findet Albert von Schirnding nach vergleichender Lektüre der beiden vorliegenden Dokumentationen nicht gerechtfertigt. Allein die Tatsache, dass sieben Redner in Bayreuth wie Elmau dabei waren, spreche dagegen, so von Schirnding. Beide Bände enthielten aufschlussreiche Untersuchungen über die "Beziehung von Ideologie und Ästhetik, Prophetie und Erfüllung, ... das Hitler-in-Wagner und Wagner-in-Hitler-Syndrom". Der dezidierte Anti-Wagnerianer Zelinsky durfte allerdings nur, bemerkt von Schirnding nicht allzutraurig an, bei der Elmauer Tagung sprechen. 3) Marc A. Weiner: "Antisemitische Fantasien. Die Musikdramen Richard Wagners" "Wagner-Hass macht nicht nur blind, sondern vor allem taub", schreibt Albert von Schirnding. Marc A. Weiner müsste demnach zumindest auf einem Auge blind und mit einem Ohr taub sein. Der Autor benennt das Verhältnis von Kunst und Politik als den wesentlichen Punkt der Debatte, so von Schirnding, wobei Weiner der Fehler unterlaufe, Politik mit Ideologie gleichzusetzen. Von Schirnding führt Brecht als Beispiel dafür an, dass der Dichter den Dogmatiker überwinden kann und man die ästhetische Komplexität eines Kunstwerks nicht unterschätzen sollte. Eine Reduzierung der Wagnerschen Musik auf "antisemitische Fantasien" erscheint ihm in der Fragestellung zu kurz gegriffen. Dennoch: stellenweise entwickele der Autor durchaus "produktiven Scharfsinn". Etwas verblüfft äußert sich von Schirnding dann über das Bekenntnis des Autors, dass gerade die antisemitischen Dimensionen im Werk Wagners eine große Faszinationskraft auf ihn ausüben. "Was will uns der Dichter damit sagen?", fragt der Rezensent konsterniert.
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