Sister Souljah

Der kälteste Winter aller Zeiten

Roman
Cover: Der kälteste Winter aller Zeiten
Haffmans Verlag, Zürich 2001
ISBN 9783251004980
Gebunden, 416 Seiten, 19,94 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Juliane Zaubitzer. Sie kam im Schwarzenghetto zur Welt, als in New York einer der schlimmsten Schneestürme aller Zeiten tobte, deshalb nannte ihre Mutter sie "Winter". Ihr Vater ist der allmächtige Drogenbaron in Brooklyn und läßt seine Tochter von frühauf wissen, dass nur das Beste und das Teuerste gerade gut genug für sie ist ...

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 29.09.2001

Das Thema afroamerikanischer Schriftstellerinnen ist heute nicht mehr die Darstellung der Lage der Frauen, sondern schlicht die Powerfrau, behauptet Thomas Leuchtemüller. Dafür spricht auch, ist der Rezensent überzeugt, das Romandebüt von Sister Souljah, die 1964 in New York das Licht der Welt erblickte, mit bürgerlichem Namen eigentlich Lisa Williams heißt und bis 1991 zusammen mit der HipHop-Band "Public Enemy" auftrat. Ihre Protagonistin Winter Santiaga, Tochter eines Drogendealers, schlägt eine andere Karriere ein als die politisch engagierte Autorin. "Die verlogene Schöne", schreibt der Rezensent, wählt den Weg in die Kriminalität, für sie zählen Sex, Gewalt, Geld, Kleidung und Amusement. Souljah richte ihre Erzähltechnik dabei ganz auf Effekt heischende Darstellungsformen, etwa direkte Passagen über das Sexleben von Winter. Auch wenn der Ton belehrend wirke, treffe er trotzdem ein stimmiges, leider bedrückendes Bild der afroamerikanischen Gegenwart, findet Leuchtemüller.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 09.07.2001

Einen Namen machte sich Sister Souljah Anfang der neunziger Jahre als Sängerin von Public Enemy, Schwarzenrechtsaktivistin und Rapperin, der Bill Clinton persönlich unterstellte, zu Rassenhass und Gewalt aufzurufen, erzählt Julia Voss. Sister Souljah ist inzwischen besinnlicher geworden und hat mit ihrem Romandebüt ein eher nachdenkliches Stück über die Konflikte zwischen Schwarzen und Weißen und auch unter Schwarzen selbst geschrieben, meint die Rezensentin. Denn die Protagonistin Winter, Tochter eines reichen und einflussreichen Drogenbosses, begeistert sich eher für Luxus und Glamour als für den Kampf um die Gleichberechtigung der schwarzen Bevölkerung. Kein Moralstück habe Sister Souljah hier verfasst, sondern eine interessante Geschichte, in der auch der Leser nicht ganz frei sei von der Faszination an der Abenteuerwelt des Ghettos, so Voss. Sehr raffiniert sieht sie die grundlegende Frage des "pursuit of happiness" bei Souljah verarbeitet. Nur an der Übersetzung hat es etwas gehapert. An manchen Stellen sei die schnoddrige Sprache von Winter zu einem Esperanto deutscher Dialektformen verrutscht, lautet die einzige Kritik der Rezensentin an dem Romanerstling der Rapperin.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 28.06.2001

Eine Seltenheit: Rezensent Joachim Lottmann hegt schwere Zweifel an seiner Kompetenz, diese "Frauenliteratur" zu besprechen: "Als solle mein Vater für meine Mutter kochen." Will heißen, das Buch ist derart "brillant", dass er sich erst gar nicht traut. Zuerst. Am Ende aber hat Lottmann dann doch ganz passabel gesprochen - über einen in seiner Echtheit euphorisierenden Tatsachenbericht aus der Welt schwarzer Hip-Hop-Girlies und einen "komplett unmoralischen Roman", der das Role-Model einer Janet Jackson zu knacken vermag, um allen Mädchen, die sich bei Karl May unverstanden fühlen, zu zeigen, "wie es wirklich aussieht im Kopf einer kleinen Brooklyn-Nutte."

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 12.04.2001

Bekannt wurde Sister Souljah - mit bürgerlichem Namen heißt sie Lisa Williamson und wurde 1964 in der New Yorker Bronx geboren - durch ihr Engagement für arme Schwarze. So agierte sie zeitweilig als "Informationsministerin" für die Rapgruppe Public Enemy und reist als Aktivistin und Rednerin für schwarze Jugendprojekte durch die Welt, informiert Markus Schneider. Angesichts dieser Biografie liegt es nahe, dass es in ihrem Romandebut auch um die Probleme in den Ghettos geht, schlussfolgert der Rezensent. Und die Geschichte ist denn auch die des Aufstiegs und Falls der Dealertocher Winter, die alles daran setzt, Lifestyle zu genießen und letztlich doch im Gefängnis landet. Sister Souljah hat, meint Schneider, eine flinke und eingängig gestrickte "Inner City Soap" geschrieben. Ihre Kolportage erinnert den Rezensenten zwar auch an Girls-Camp-Insassen, trifft aber trotzdem ins finstere schwarze Herz der USA, denkt Schneider. Die vornehmliche Zielgruppe des Romans verortet Schneider in der schwarzen Community. Und die Botschaft findet er auch eindeutig: Der Sozialdarwinismus siegt. Interessant findet der Rezensent, dass Souljah ihr eigenes Engagement etwas zur Disposition stellt. Denn ihre Protagonistin Winter schenkt derlei Aktionen allenfalls ein mildes Lächeln.