Timo Hoyer

Im Getümmel der Welt

Alexander Mitscherlich - ein Porträt
Cover: Im Getümmel der Welt
Vandenhoeck und Ruprecht Verlag, Göttingen 2008
ISBN 9783525404089
Gebunden, 623 Seiten, 39,90 EUR

Klappentext

Alexander Mitscherlich, der im September 2008 hundert Jahre alt geworden wäre, gehörte zu den prägernden Intellektuellen der frühen Bundesrepublik. Als Mediziner und Wissenschaftler trug er dazu bei, die Psychosomatik und die Psychoanalyse im Nachkriegsdeutschland institutionell zu verankern. Als Publizist traf er nach dem Ende der Adenauer-Ära mit seinen Bestsellern "Medizin ohne Menschlichkeit", "Auf dem Weg zur vaterlosen Gesellschaft", "Die Unwirtlichkeit unserer Städte" und "Die Unfähigkeit zu trauern" neuralgische Punkte. Und als öffentlicher Intellektueller entwickelte er sich aus dem antidemokratischen Milieu der Weimarer Republik heraus zu einem streitbaren Demokraten, der mit Leidenschaft zu den brennenden Problemen der Zeit Stellung bezog. Timo Hoyer verfolgt den Werdegang von Deutschlands bekanntestem Psychoanalytiker von der Kindheit an bis zu dessen Tod 1982. Das Porträt von Mitscherlichs intellektueller Entwicklung, seines wissenschaftlichen Wirkens und seines gesellschaftlichen Engagements ist zugleich das Porträt einer Epoche. Hoyer wertet zahlreiche erstmals veröffentlichte Quellen und Abbildungen aus.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 14.10.2008

Hans-Martin Lohmann bemüht sich, der letzten und innerhalb zweier Jahre dritten Alexander Mitscherlich-Biografie Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Die Qualitäten des von Timo Hoyer verfassten Porträts sind seine gute Lesbarkeit und die anschauliche Darstellung der vielfältigen und charismatischen Persönlichkeit, die puzzleartig und gleichberechtigt den Psychoanalytiker, Arzt, Hochschullehrer, Publizisten und Bestsellerautor nebeneinander stehen lässt. Da Hoyer, wie seine Vorgänger, die private Seite als Ehemann, Vater, Freund und Kunstliebhaber auslässt, unterscheidet er sich in seinen Ergebnissen kaum von den vorhergehenden Biografien. Verdrossen hat den Rezensenten die Verschleierungs seiner Quellen: "Hoyer hat sich der Biografien von Dehli und Freimüller als sekundärer Quellen bedient, ohne dies hinreichend kenntlich zu machen". Außerdem moniert Lohmann, dass der Autor die Nähe des jungen Mitscherlich zu Wortführern der Konservativen Revolution wie Ernst Jünger und Ernst Niekisch als gemäßigtes Epigonentum herunterspielt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 20.09.2008

Alexander Mitscherlich war einer der "intellektuellen Gründerväter der Bundesrepublik", geriet aber in den Jahrzehnten seit seinem Tod im Jahr 1982 zusehends in Vergessenheit. Groß aber ist die Aufmerksamkeit jetzt zu seinem 100. Geburtstag. Der Bedeutung des Mannes würdig, findet der Rezensent Christian Schneider, ist diese gut 600 Seiten starke Biografie. Sie bringt nicht unbedingt sensationelle Neuigkeiten - dass Mitscherlich seine Widerstandsbiografie ein wenig geschönt hatte, wusste man -, aber sie entwirft ein schlüssiges Bild eines Denkers, dessen Stärke nicht die "Systematik" war, sondern Orginalität, Neugier und die Fähigkeit, den Zeitgeist durch Schlagworte- wie das von der "Unfähigkeit zu trauern" - auf den Punkt zu bringen. Das so entworfene Porträt überzeugt den Rezensenten, obwohl Hoyer selbst gar nicht diesen Anspruch erhebt, auch als "psychologische Annäherung" voll und ganz.
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