Ulrich Fülleborn

Besitz und Sprache

Offene Strukturen und nicht-possessives Denken in der deutschen Literatur. Ausgewählte Aufsätze
Cover: Besitz und Sprache
Wilhelm Fink Verlag, München 2000
ISBN 9783770534975
Gebunden, 439 Seiten, 39,88 EUR

Klappentext

Herausgegeben von Günter Blamberger, Manfred Engel und Monika Ritzer.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 24.02.2001

Nach Meinung des Rezensenten ist der Literaturwissenschaft "ein, wenn nicht das Zentralthema der neuzeitlich-modernen Literatur" bisher entgangen: Geld. Anhand zweier Ausnahmen von dieser Regel - Ulrich Fülleborns "Besitz und Sprache" und dem im Lübecker Dräger-Verlag erschienenen Ausstellungsbegleitband "Buddenbrooks - Neue Blicke in ein altes Buch", herausgegeben von Manfred Eickhölter und Hans Wisskirchen - und dreier geeigneter Untersuchungsobjekte - die Romane "Die Erben" von Hans Graf von der Goltz, Georg M. Oswalds "Alles was zählt" sowie Thomas Rosenbooms "Das Liebeswerk" - unternimmt Jochen Hörisch den ambitionierten Versuch, uns diesen Missstand zu verdeutlichen.
Was Hörisch diesbezüglich zu den einzelnen Texten einfällt, fällt, um es mit der hier angeschlagenen Terminologie zu sagen, allerdings etwas zu ökonomisch aus. Im Falle des Buddenbrook-Bandes ist es der Hinweis auf einen einzigen darin enthaltenen Aufsatz, der, wie es heißt, "die kaufmännischen Aspekte des Buches" zum Thema habe. Die Romane "Alles was zählt" und "Die Erben" handelt der Rezensent ebenso lakonisch ab. Ersterer scheint dem Leser allen Ernstes nichts weiter zu bieten als "flotte Sprüche" aus der Lebenswelt der New Economy, letzteren findet Hörisch wegen seines "atemberaubenden Joint Ventures" von alter Erzähl- und alter Wirtschaftsökonomie immerhin aufschlussreich, ansonsten: "Kein Kommentar zu dieser Prosa" (!)
Bei der Essaysammlung von Fülleborn indes wird ein Zusammenhang mit den "Ökonomie- und Geldthemen" allein durch die Vergegenwärtigung der Füllebornschen Grundthese (die sich im wesentlichen mit Rilkes Bezugs-Begriff befasst) kaum erst deutlich. Einzig Thomas Rosenbooms "Liebeswerk" nimmt in dieser unbefriedigenden Besprechung ein wenig Kontur an: In dem "(allzu) umfang- und motivreichen" Roman, schreibt Hörisch, geht es um die Äquivalenz- und Identitätsformatierungen, die das Medium Geld mit sich bringe, wie Geld sich in allen Bereichen und noch im Innersten des Subjekts durchsetze. So nehme sich das Buch fast wie eine epische Paraphrase der Luhmannschen Systemtheorie aus. Beim Durchdeklinieren der verschiedenen Gesellschaftsbereiche aber vergesse der Autor allzu gerne, "dass nicht nur Lebens-, sondern auch Lesezeit eine knappe Ressource ist". Und das ist wahr, so wahr.