Verena Roßbacher

Verlangen nach Drachen

Roman
Cover: Verlangen nach Drachen
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2009
ISBN 9783462040975
Gebunden, 442 Seiten, 19,95 EUR

Klappentext

Hierher kommen sie alle: Das Kaffeehaus Neugröschl zieht die Originale der Stadt besonders an, obwohl oder gerade weil der Inhaber es nach Gutdünken öffnet und schließt und auch gern mal zur Autowerkstatt erklärt. Seine Aushilfskellnerin Klara, das geheimnisvolle Zentrum des Romans, fasziniert die unterschiedlichsten Männer und bewirkt die erstaunlichsten Metamorphosen. Am Anfang steht ein klassischer Konflikt: Der Erfinder und Vabanquespieler Roth hat wieder eine brillante Geschäftsidee in den Sand gesetzt und braucht eine neue Identität. Vor allem aber kann er sich nicht abfinden mit dem Freund seiner Tochter Klara, einem Gärtner, der auch noch vegetarisch lebt.
Während Roth sich als Grün neu erfindet, erlebt Valentin Kron mit Klara eine Zeit des Glücks, der abrupte Ernüchterung folgt, als Klara das Interesse an ihm verliert und sich dem Cellisten Stanjic zuwendet. Stanjic, ein Großstadtcowboy, brütet über einer Schubert-Interpretation, betreibt nebenher einen Plattenladen und muss sich ebenfalls bald mit Klaras Wankelmütigkeit abfinden. Zu Klaras weiteren Erwählten und Verlassenen gehören der Steinesammler, Florist und Universalautodidakt Lenau und der Pianist für Bar und Orchester Wurlich. Alle frequentieren das Neugröschl, einige kennen sich persönlich, und alle treffen am Ende aufeinander - allerdings ohne Klara.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 06.10.2009

Ein überaus gelungenes Romandebüt aus dem Hause des Leipziger Literaturinstituts hat Rezensentin Nicole Henneberg anzuzeigen, denn Verena Roßbachers Debütroman entpuppt sich zu ihrer Freude bei aller Markttauglichkeit auch als erzählerisches "Wagnis". Der Roman beginnt mit den verzweifelten Monologen von sechs Männern, die von der Hauptfigur Klara verlassen wurden. Während diese ersten Kapitel noch Redundanz, Effekthascherei und eine gewisse Schwatzhaftigkeit aufweisen, so Henneberg, kommt mit dem Auftritt der Heldin große Spannung und eine bitterböse Komik ins Spiel, freut sich die Rezensentin. Henneberg preist die raffinierte Konstruktion, die nicht zuletzt darin liegt, dass die zunächst abwesende Heldin in einen "bestürzenden Kontrast" zu den Vorstellungen und Projektionen der Männer gestellt wird, und bescheinigt dem Roman eigenwilligen Charakter und große "Sogwirkung".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 28.05.2009

Angesichts dieses Debütromans von Verena Roßbacher kann Kristina Maidt-Zinke nur staunen. Respekt ringt ihr das Selbstbewusstsein ab, mit der die 30-jährige Absolventin des Leipziger Literaturinstituts ihr Feuerwerk an schrägen Einfällen rund um die Heldin Klara und ihre Liebhaber entzündet. Es ist ein überaus skurriles "Figurenpanoptikum", das die in Österreich und der Schweiz aufgewachsene Autorin aufziehen lässt, und Maidt-Zinke fühlt sich an den "altwienerischen Ton an der Abbruchkante zum Wahnsinn" eines Friedrich Torberg erinnert. Überhaupt macht sie ziemlich viele literarische Anspielungen aus, und das findet sie mitunter etwas angestrengt, wie sie auch die mal arabeskenhafte, mal musikalisch schwingende Sprache stellenweise als etwas überladen kritisiert. Dass Roßbacher bei all den erzählerischen Eskapaden aber die Formfäden nicht aus der Hand gibt, das lässt die Rezensentin für das weitere literarische Schaffen der Autorin hoffen.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 16.04.2009

"Selten hat man sich in der neueren Literatur so gut unterhalten," feiert Rezensent Jochen Jung den Roman der jungen Österreicherin Verena Roßbacher, den er für einen Erstling zudem ziemlich umfangreich findet. Oberflächlich gesehen gehe es um eine junge Frau namens Clara und ihr Liebesleben, und zwar aus der Sicht des davon irritierten Vaters, in dessen Reflex sich wiederum die naive Sicht der Tochter auf die Männer spiegelt. Daraus aber entspännen sich zahllose weitere Geschichten und Einlassungen, denen Jung mit dem größten Vergnügen folgt, auch in die Abgründe der Sehnsucht aller Zivilisation nach ihrem Gegenteil, die das heimliche Thema dieses Buches ist. Immer wieder begeistert ihn dabei der höchst eigene Witz dieser Autorin, der sich, so Jung, auch vor der Klamotte nicht scheue, den er aber meist aus einem komplexen Sprachempfinden erwachsen sieht. Besonders das "überaus schräge" fünfte Kapitel hat es Jung angetan, eine "komisch apokalyptische Szenerie, mitreißend, hinreißend, herzzerreißend".

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 12.03.2009

Ein äußerst lebendiges österreichisches Kaffeehauspanoptikum aus "Exzentrikern, Narren und Vernarrten" versammelt Verena Roßbacher in ihrem ersten, an Umfang und Inhalt sehr beachtlichen Episodenroman, schwärmt Wiebke Porombka. Gemeinsam ist den schrägen Vögeln, die im Neugröschl aufeinander treffen, ihre Leidenschaft zu der ebenso schönen wie geheimnisvollen Klara sowie ihr allgemeiner Hang zu grotesker Lebensuntüchtigkeit, die sich als fulminantes Scheitern der Liebe wie des Lebens manifestiert. Besonders bemerkenswert findet Porombka die geschliffenen Sentenzen und die durch Satzeinschübe und -umstellungen erzeugte "wie aus der Zeit gefallene Melodie", die eine verschleierte Atmosphäre ohne Manierismen entstehen lasse, wobei sie die Atmosphäre an Doderer und das Verfahren an Canettis "akustische Maske" erinnern und von einem plastischen Vorstellungsvermögen zeugen, lobt die begeisterte Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.03.2009

Hingerissen ist Rezensent Richard Kämmerlings von diesem Romandebüt der dreißigjährigen Autorin Verena Roßbacher. Nicht nur, aber auch, weil es handwerklich so geschickt ist: Erzählt wird von den scheiternden Lieben der Heldin des Romans mit Namen Klara. Sie scheitern, weil Klara die Männer einen nach dem anderen verlässt. Die Perspektive, die Roßbacher wählt, ist aber stets die der von Klara Verlassenen. Sie selbst kommt so immer nur auf sehr spezifische Weise in den Blick. Zugleich zeichne, so Kämmerlings, das Buch ein Porträt von Männer-Psychen in Serie. Und das eine wie das andere, der Blick auf die Frau als Mythos und Vexierfigur wie der Blick auf die Blickenden, überzeugt den Rezensenten restlos und rundum. Schon weil Roßbacher bewusst andere als nur die realistischen Register sucht. An Canetti muss Kämmerlings da denken, an die Wiener Literatur der Zwischenkriegszeit. Und dass die Autorin dieses "ungeheuerlichen" Romans den großen Vorbildern hoffnungslos nachhinkt: den Eindruck gewinnt man bei der Lektüre der Rezension nicht.
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