Eva Menasse

Tiere für Fortgeschrittene

Erzählungen
Cover: Tiere für Fortgeschrittene
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2017
ISBN 9783462047912
Gebunden, 320 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Raupen, die sich ihr eigenes Grab schaufeln, Enten, die noch im Schlaf nach Fressfeinden Ausschau halten, Schafe, die ihre Wolle von selbst abwerfen. Jede von Eva Menasses Erzählungen geht von einer kuriosen Tiermeldung aus und widmet sich doch ganz der Gattung Mensch. Ein alter Despot, der sich gegen jede Veränderung wehrt, kann nicht verhindern, dass die Demenz seiner Frau auch die eigene Vergangenheit löscht. Einer engagierten Mutter, die ein muslimisches Kind gegen Anfeindungen in Schutz nimmt, verschwimmen schließlich selbst die Grenzen zwischen Gut und Böse, Richtig und Falsch. Eine Frau realisiert, wie sehr das Schicksal ihres Vaters sie geprägt hat, in ihren Marotten und in ihren tiefsten Ängsten. Und eine Gruppe handverlesener Künstler und Wissenschaftler probt in südländischer Gluthitze eine groteske Revolution. Jahrelang hat Eva Menasse Tiermeldungen gesammelt, die ihr, wie umgekehrte Fabeln, etwas über menschliche Verhaltensweisen zu verraten schienen.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 16.06.2017

Die Tiermetaphern, die Eva Menasse ihren hier versammelten acht Erzählungen vorangestellt hat, ächzen schon ein wenig, meint Katharina Granzin. Abgesehen von solchen Manierismen überzeugt die Autorin aber mit ihrem "naturwissenschaftlichen" Blick auf die Spezies Mensch, fährt die Rezensentin fort, die hier in einen "Kosmos von Monaden" eintaucht und erlebt, wie zerbrechlich menschliche Beziehungen sein können. Wie Menasse ihre einzelnen Erzählungen durch das Grundgefühl der Traurigkeit miteinander verwebt, hat Granzin gut gefallen.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 04.05.2017

Rezensentin Jutta Person kann sich dem Charme von Eva Menasses ebenso komischen wie traurigen "Anti-Fabeln" nicht entziehen. Allein die Idee, den Erzählungen aus der Welt unglücklicher Besserverdiener kuriose Tiermeldungen voranzustellen, hat der Kritikerin gefallen. Insbesondere aber bewundert Person einmal mehr Menasses Vermögen, das menschliche Verhalten, "sardonisch" lächelnd, aber nie sarkastisch in seine wenig "schmeichelhaften" Einzelteile zu zerlegen. Wenn die Rezensentin etwa liest, mit welcher Eleganz die Autorin von einem alten Mann erzählt, der die Demenz seiner Frau zu vertuschen versucht oder eine Patchwork-Familie auf Pauschalurlaub in die Türkei schickt, verzeiht sie gern die wenigen eher misslungenen Erzählungen dieses grandiosen "Symbiosentheaters".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 25.03.2017

Knapp, aber hingerissen bespricht Ulrich Seidler Eva Menasses neuen Erzählband "Tiere für Fortgeschrittene", der in acht Kurzgeschichten die Alltagsprobleme ihrer herrlich normalen Helden durchspielt. Wenn die Autorin mit Witz, Sympathie und Konzentration von einem Mann erzählt, der die Demenz seiner Frau zu verheimlichen versucht, oder schildert, wie eine Mutter daran scheitert, sich dem muslimischen Mitschüler ihrer Tochter gegenüber politisch korrekt zu verhalten, meint der Kritiker sich selbst wiederzuerkennen. Vor allem aber bewundert Seidler Menasses Idee, ihren Erzählungen so "skurrile" wie tragische Tiermeldungen voranzuschicken: Das weitet und erfrischt den Blick und lädt zu tieferen Erkenntnissen ein, lobt er.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 21.03.2017

Rezensentin Meike Fessmann liest Eva Menasses vierten Prosaband mit Vergnügen. Die acht Geschichten, denen die Autorin "Tiermeldungen" voranstellt, laut Fessmann, um das in den Geschichten geschilderte menschliche Verhalten besser zu verstehen, führen die Kritikerin in den "Patchworkwahnsinn", zu verunglückten Autorentreffen und in surreale Paarsituationen, von denen die Autorin laut Fessmann raffiniert mit Nebenwegen und überraschenden Wendungen erzählt. Stilistische Schnitzer und Klischees kommen bei Menasse durchaus vor, stellt die Rezensentin zwar fest, aber psychologische Finesse und dramaturgisches Geschick eben auch.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.03.2017

Rezensent Tilman Spreckelsen ist ganz froh, dass Eva Menasse mit ihren durch kleine Meldungen aus der Tierwelt eingeleiteten Erzählungen kein Bestiarium nach mittelalterlichem Vorbild anstrebt. Wenn die Autorin stattdessen von den Tieren auf familiäre Untiefen zu sprechen kommt, versteht Spreckelsen zwar nicht immer den Zusammenhang. Auch altfränkische Sprachelemente und eine bisweilen auftauchende Pointenseligkeit verstören ihn eher, als dass ihm ihre Notwendigkeit aufgeht. Gut gefallen haben ihm hingegen Menasses Miniaturen familiärer Verstrickungen.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de