William S. Burroughs, Jack Kerouac

Und die Nilpferde kochten in ihren Becken

Roman
Cover: Und die Nilpferde kochten in ihren Becken
Nagel und Kimche Verlag, Zürich 2010
ISBN 9783312004515
Gebunden, 190 Seiten, 17,90 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Michael Keller. Mit einem Nachwort von James Grauerholz. Die späteren Beat-Begründer William S. Burroughs und Jack Kerouac schrieben als junge Männer in New York gemeinsam einen Roman, der auch in den USA jahrzehntelang unveröffentlicht blieb. Er handelt von einem Mord, der in ihrem engsten Freundeskreis geschah. Burroughs und Kerouac beschlossen, gemeinsam einen Krimi zu schreiben im Genre des Hardboiled, im Stil eines Dashiell Hammett, und darin das Ereignis zu fiktionalisieren. Abwechselnd schrieben sie die Kapitel unter den Pseudonymen Will Dennison (Burroughs), Barmann mit Verbindungen in die Unterwelt, und Mike Ryko (Kerouac), Säufer und Seemann. Entstanden ist ein Roman, der faszinierende Einblicke in das New York der vierziger Jahre und die damalige Boheme vermittelt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 10.07.2010

Sechs Jahrzehnte lang blieb dies gemeinsame Frühwerk der nachmals hochberühmten Autoren William S. Burroughs und Jack Kerouac unveröffentlicht. Damals, im Jahr 1945, wollte kein Verleger das Buch haben, später verwahrte sich das reale Vorbild des Mannes, dessen Totschlag seines Liebhabers im Roman geschildert wird, gegen die Publikation. Lucien Carr hieß der Mann und er gehörte zum Kreis der aus ziemlich bürgerlichen Häusern stammenden Jungliteraten auf der Suche nach einem radikalen Programm. Hier versuchen sich die beiden Verfasser an einem Hardboiled-Roman, dessen Stärke Alfred Hackensberger, der die Schwächen des Werks nicht verschweigt, neben den von der Nachgeschichte genährten Interessen vor allem in der "Milieuschilderung" sieht: das New York der Vierziger Jahre, "Matrosen, Soldaten, Seeleute, Frauen, Musik, Whiskey, Rauch und Schlägereien". Nur der Jazz komme noch kaum vor - auch in dieser Hinsicht zweier Autoren, die später erst Avantgarde wurden.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 13.03.2010

Ein Ritualmord als Stoff für eine ausgehungerte Boheme, das ist dem Rezensenten Willi Winkler schon mal nicht geheuer. Auch hält der wechselseitig von den Beatgenossen William Burroughs und Jack Kerouac verfasste Roman, gedacht als realistischer, emotionsloser Bericht, den realen Ereignissen um David Kammerer und seinen Mörder Lucien Carr nicht stand, wie unser Rezensent gereizt feststellt. Für Winkler stellt sich das im Wesentlichen als hemmungslos geschwollenes Dauergelaber übers Leben dar, das erst gegen Ende zu einer Deckungsgleichheit von Form und Inhalt findet. Da spazieren Kerouac und Carr einen Tag lang durch Manhattan, essen, trinken, gehen ins Kino, dann muss Carr sich stellen. Vom angepeilten alles erklärenden Total-Roman aber ist das Buch weit entfernt, findet Winkler.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.02.2010

An sich könnte man den schmalen Roman nach Thomas Leuchtenmüller "glatt ignorieren". Aber schon die Namen der später höchst prominenten Autoren verbieten das natürlich. Die Story basiert auf einem Mordfall in der New Yorker Schwulenszene, der sich in der direkten Bekanntschaft der beiden Jungautoren abgespielt hatte, und die beiden setzten ihn in einem interessanten Experiment in Literatur um: Sie erzählen Kapitel für Kapitel wechselweise aus der Sicht von zwei Protagonisten. Es scheint laut Leutchtenmüller allerdings kaum mehr als eine Fingerübung zweier begabter Jungautoren herausgekommen zu sein, noch linear erzählt, ohne die revolutionären Neuerungen, die Kerouac und Burroughs später in die Hall of Fame der Literaturgeschichte eingehen ließ. Der Roman wurde auch in den USA erst 2005 publiziert, nachdem alle Beteiligten des New Yorker fait divers der vierziger Jahre verstorben waren.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 11.02.2010

Endlich sei das 1945 geschriebene, komplex erzählte Buch auch auf Deutsch erschienen, freut sich Susanne Mayer. Zwar werde es die Klassiker dieser Autorengeneration nicht in den Hintergrund drängen. Trotzdem müsse man das Buch als "erschrockene Selbsterforschung" qua Exzess für ein paar geschilderte Momente der Freundschaft lieben. Deren Protagonisten, zwei Schriftsteller, findet die Kritikerin ziemlich deckungsgleich mit den Autoren, die das Buch circa zehn Jahre "bevor sie die Beatgeneration wurden" geschrieben hätten. Vieles an dem Buch sei authentisch, mitunter ruckele die Erzählung auch ein wenig mühsam dahin. Trotz großem Ekelquotienten sei der Sprachgenuss enorm, auch dank der Übersetzung Michael Kellners.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 08.02.2010

Um wirklich Aufsehen zu erregen, hätte der von William S. Burroughs und Jack Kerouac  geschriebene Roman "Und die Nilpferde kochten in ihren Becken" nach Meinung Sylvia Staudes einige Jahrzehnte früher veröffentlicht werden müssen. Statt "gewagt" erscheint er ihr heute nur noch "dezent", auch wenn er die Geschichte zwischen dem 11-jährigen Lucien Carr und dem 25-jährigen Dave Kammerer erzählt. Sie spritzen Morphium, saufen, hängen rum, bis Carr Kammerer im Streit ersticht. Die Empfehlung der Rezensentin fällt eher verhalten aus, als "Schlüsselroman der Beat-Generation" kann sie ihn aber all jenen ans Herz legen, die noch einmal vom New York der vierziger Jahre und dem Leben zwischen Sex, Drogen und künstlerischen Visionen lesen wollen.